"Ich will nur, dass es aufhört"

Mobbingopfer werden auch im Internet oft "zur Schau" gestellt  Foto: Polizei-Beratung.de
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14-Jährige Schülerin wurde Opfer von Mobbing und ist jetzt zur Polizei gegangen

thl. Winsen. Der tragische Fall der elfjährigen Grundschülerin aus Berlin, die sich das Leben genommen hat, weil sie in der Schule gemobbt und gehänselt wurde, machte in dieser Woche bundesweit Schlagzeilen.
Doch Berlin ist kein Einzelfall. Auch an den Schulen in den Landkreisen Harburg und Stade kommt es immer wieder zu Mobbingattacken gegen Schülerinnen oder Schüler. Zu einem Suizid kam es hier glücklicherweise noch nicht. Doch viele Opfer haben Angst, zur Schule zu gehen, weil die seelischen Attacken immer grausamer werden.
Davon kann die 14-jährige Nadja aus dem östlichen Landkreis Harburg ein Lied singen. Sowohl in den Schule als auch in den sozialen Netzwerken wird sie beleidigt und bedroht. "Erst waren es hin und wieder nur mal Sprüche. Doch seit etwa zwei Wochen sind die Anfeindungen und Drangsalierungen extrem", weint das Mädchen.
"Du dreckige Schlampe!", "Du altes Miststück, wehe, wenn ich dich kriege!", "Du bist eine Hure, ich mache dich fertig!" - Diese und ähnliche Nachrichten erhielt die 14-Jährige immer wieder von ihren Schulkameradinnen. Entweder per WhatsApp oder über soziale Netzwerke. Auch verbal wurde sie öfters angegangen. Von den persönlichen Erniedrigungen wurden auch Videos mit Handy gefertigt, in der Schule herumgezeigt und in sozialen Medien geteilt. "Es war so schlimm, ich habe mich schon gar nicht mehr auf die Straße, geschweige denn zur Schule getraut", erzählt die Schülerin. Das Problem: Nadjas Peinigerin geht in die gleiche Klasse und hat eine Vielzahl von anderen Mädchen um sich herum versammelt, während Nadja ohne Freundin dasteht.
In ihrer Not vertraute sich die 14-Jährige schließlich ihrem Vater an. Der fiel aus allen Wolken. "Ich rief beim Vater der Rädelsführerin an und dachte, ich träume. Er sagte mir, ich solle ihn in Ruhe lassen, seine Tochter sei alt genug um selbst zu wissen, was sie macht. Damit war das Thema für ihn beendet." Auch von der Schule fühlte er sich im Stich gelassen: "Es hieß zwar, man kümmere sich darum. Doch ich hatte das Gefühl, als wolle man den Fall herunterspielen." Jetzt hat der Vater Anzeige bei der Polizei erstattet. Dort nahm man die Sache ernst. Und auf die Rädelsführerin dürfte jetzt einiges zukommen, u.a. auch, weil sie verfassungsfeindliche Symbole für ihre Taten nutzte. Parallel dazu wurde Nadja erst einmal ärztlich vom Unterricht befreit und will nun die Schule wechseln. Das Problem dabei ist, dass das neue Halbjahr schon angefangen hat und an der Schule, in die das Mädchen wechseln möchte, derzeit kein Platz frei ist. "Wir hoffen aber auch, dass das Mobbing jetzt aufhört, wenn die Mädchen Besuch von der Polizei bekommen haben", sagen Nadja und ihr Vater.

Was ist Mobbing?

"Klassisches" Mobbing ist ein aggressives Verhalten, mit dem ein anderer Mensch absichtlich körperlich oder psychisch über einen längeren Zeitraum geschädigt wird. Mobbing ist in der Regel kein individuelles Problem zwischen Täter und Opfer, sondern muss als Prozess betrachtet werden, an dem eine ganze Klasse oder Gruppe in verschiedenen Rollen beteiligt ist. Die Ursachen für Mobbing sind vielfältig, es kann sich praktisch überall entwickeln, wo Menschen zusammen leben, lernen oder arbeiten. Die Anlässe für Mobbing sind häufig banal, mitunter genügt es, dass ein späteres Opfer "anders" als die anderen ist. Dies können äußere Merkmale sein (Kleidung, Style, Sozialstatus etc.). Aber auch Verhaltens- oder Arbeitsweisen, politische, kulturelle oder religiöse Zugehörigkeiten können einen Anlass für Mobbing geben.
Immer stärker wird das Cybermobbing - das Bloßstellen der Opfer im Internet.

Woran erkenne ich, dass mein Kind gemobbt wird?

Die Problematik des Opfers besteht sehr häufig darin, dass es, um dem Mobbing zu entgehen, zum Schulverweigerer wird oder die Schule verlässt bzw. wechselt. Faktisch wird damit das Opfer negativ sanktioniert, während der oder die Mobber indirekt belohnt werden. Die Solidarität der Lehrer mit dem Opfer ist nach bisherigen Erfahrungen wenig ausgeprägt.
Opfer von Mobbing können eine psychische Traumatisierung erleiden, selbstverletzendes Verhalten zeigen und auch gewalttätig reagieren, unter Umständen erst Jahre später. Hinzu können psychosomatische Reaktionen kommen, wie z.B. Appetitlosigkeit, Bauchschmerzen, Albträume, Schlafstörungen.

Wo bekommen Mobbing-Opfer Hilfe?

Von Mobbing-Situationen Betroffene brauchen Unterstützung von außen, denn Mobbing-Opfer können sich meist nicht mehr selbst wehren. Schüler sollten den Mut haben, sich an eine erwachsene Person zu wenden, der sie vertrauen und die helfen kann. Wichtig ist, dass die Eltern ihr Kind ernst nehmen. Hilfe gibt es auch bei der Mobbing-Beratung unter Tel. 07123 - 381613. Wer anonym bleiben möchte, kann sich auch an die Telefonseelsorge der Kirchen wenden, Tel. 0800 111 0 111 (ev.) oder 0800 111 0 222 (kath.).

Redakteur:

Thomas Lipinski aus Winsen

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