Tierversuchslabor-Skandal:
"Nichts anderes als die Hölle auf Erden"

Jane Goodall ist eine weltweit anerkannte Primatologin. Sie äußert sich zum Tierversuchslabor-Skandal  | Foto: Michael Neugebauer /  www.janegoodall.de
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  • Jane Goodall ist eine weltweit anerkannte Primatologin. Sie äußert sich zum Tierversuchslabor-Skandal
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bim. Mienenbüttel. Der von der "Soko Tierschutz" und "Cruelty Free International" aufgedeckte Tierversuchslabor-Skandal im LPT in Mienenbüttel bekommt nun eine internationale Dynamik: Tierrechtler demonstrierten in der Schweiz vor einem Pharmakonzern, der Tierversuche beim LPT in Auftrag gegeben haben soll, am Mittwoch protestierten Tierschützer vor der deutschen Botschaft in Wien gegen Tierversuche. Auch die weltweit führende Primatologin Jane Goodall, Gründerin des Jane Goodall Instituts und UN-Friedensbotschafterin, äußert sich. Derweil gibt es neue Vorwürfe gegen das Tierversuchslabor. So soll das LPT laut Tierschützern Versuchstiere von Mienenbüttel zum Standort in Schleswig-Holstein gebracht haben. Nach WOCHENBLATT-Informationen sollen zudem inzwischen Schadenersatzforderungen gegen das Labor im Raum stehen und eine Schließung nicht mehr ausgeschlossen sein.
Primatenforscherin Jane Goodall und ihre Kollegin Dr. Koen Margodt, Mitbegründerin des Jane Goodall Instituts in Belgien, haben ein besonderes Augenmerk auf die Not der Affen in der Einrichtung gelegt: "Manche der Affen lagen zusammengekauert auf dem Drahtboden ihrer kleinen Gefängnisse, während andere Stereotypie zeigten, sich im Kreis drehten und schnell hin und her liefen, was auf ein extrem hohes Stressniveau hinweist. Manche kauerten sich nieder, wenn sich ein Mensch näherte, eine ausgeprägte Angstreaktion. Manche schrien sogar." Der Eindruck, den die Aufnahmen des Undercover-Ermittlers hinterlassen, sei eine systematische Misshandlung der Tiere. "Was ich in diesen Aufnahmen gesehen habe, gehört zu dem herzlosesten, inhumansten und brutalsten Verhalten von Menschen gegenüber Primaten, Hunden und Katzen dieses Labors. Es ist nichts anderes als die Hölle auf Erden. Solch eine Situation gehört nicht in das 21. Jahrhundert und muss beendet werden. Es sollten keine invasiven biomedizinischen Tests mehr an empfindungsfähigen und komplexen Tieren wie Primaten, Hunden und Katzen durchgeführt werden", so Dr. Goodall.
Nach Information des niedersächsischen Ministeriums für Verbraucherschutz unterzieht das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) alle genehmigten und angezeigten Tierversuchsvorhaben bei LPT einer Plausibilitätsprüfung. "Nach ersten Erkenntnissen wurden in einigen Fällen Abweichungen zwischen den Inhalten der Genehmigungen bzw. Anzeigen und den tatsächlichen Gegebenheiten in Mienenbüttel festgestellt. Bis zum Abschluss der Prüfung werden keine neuen Genehmigungen für Tierversuche bei LPT durch das Laves erteilt", heißt es. Die derzeit laufenden Versuche seien allerdings nicht ausgesetzt worden, so das Laves.
Friedrich Mülln von der "Soko Tierschutz" bewertet die aktuellen behördlichen Aktivitäten "als Versuch, die wütenden Bürger zu beschwichtigen und gleichzeitig der Tierversuchsindustrie die Stange zu halten. Das ist durchsichtig und die Politik wird merken, dass die Menschen darauf nicht hereinfallen."
Versuchstiere
weggeschafft?

Auf die Frage, ob Versuchstiere aus Mienenbüttel ins LPT-Labor nach Schleswig-Holstein verlegt würden, teilt Kreissprecher Andres Wulfes mit, dass der Landkreis Harburg davon keine Kenntnis habe. Grundsätzlich könnten Tiere innerhalb Deutschlands ohne Beschränkung verkauft oder transportiert werden. Dennoch müsse das LPT gemäß einer am Mittwoch erlassenen Verfügung ab sofort das Veterinäramt im Vorfeld über eventuelle Tiertötungen oder den Abtransport lebender Tiere informieren und zudem den tierschutzgerechten Transport und die Berechtigung des Empfängers zum "rechtskonformen Halten" von Tieren nachweisen.
Springen jetzt
Auftraggeber ab?

In der Berichterstattung über die Demonstration vor dem LPT-Hauptsitz in Neugraben am vergangenen Samstag berichtete der TV-Sender RTL, dass das global agierende Pharmaunternehmen Merck die weitere Zusammenarbeit mit dem LPT prüfe. Eine Sprecherin von Merck antwortete dem WOCHENBLATT: "Die Contract Research Organisation LPT, Hamburg, wurde von uns beauftragt, in präklinischen Tierversuchsstudien die Toxizität von Wirkstoffkandidaten zu bewerten. Die im Raum stehenden Vorwürfe gegen LPT prüfen wir derzeit intensiv. Eine weitere Zusammenarbeit mit LPT werden wir an den Ergebnissen der Prüfung ausrichten. Im Moment sehen wir von der Beauftragung weiterer Tierversuchsstudien bei LPT ab."
Mit Tierversuchen überprüfe Merck die Sicherheit seiner chemischen und pharmazeutischen Produkte sowie die Wirksamkeit seiner Arzneimittel. Tierversuche seien dabei aus ethischer und wissenschaftlicher Sicht unerlässlich und gesetzlich vorgeschrieben, bevor Wirkstoffe an Menschen getestet werden. "Wir halten stringente, selbstgesetzte Tierschutzstandards ein und erfüllen alle gesetzlichen Anforderungen", so die Unternehmenssprecherin. "95 Prozent der erforderlichen Tierversuche finden in unseren eigenen Laboren statt. Teilweise führen auch Forschungsinstitute (sogenannte Contract Research Organizations, CROs) Tierversuche in unserem Auftrag durch. Von unseren Dienstleistern erwarten wir, dass sie die gleichen hohen Standards einhalten wie wir selbst."

Nächste Demo ist geplant

Nach der erfolgreichen Protestaktion vor der Tierversuchsanstalt LPT in Hamburg-Neugraben mit rund 7.500 Teilnehmern und der Mahnwache vor dem Labor in Mienenbüttel mit rund 700 Teilnehmern ruft die "Soko Tierschutz" zu einer weiteren Demo auf: Am 16. November von 14 bis 18 Uhr protestieren sie am Hamburger Hauptbahnhof, "vor den Toren der Politiker, die das Todeslabor dicht machen können", so die "Soko Tierschutz". 

Weitere Mahnwachen

Im Laufe des Donnerstagnachmittags hielten rund 70 Tierschützer erneut eine Mahnwache vor dem Tierversuchslabor in Mienenbüttel ab und forderten dessen Schließung. Für Freitag, 25. Oktober, um 17 Uhr ist erneut eine Mahnwache geplant. Wer teilnimmt, sollte unbedingt eine Warnweste tragen, raten die Organisatoren.

Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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