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Neues Urteil vom Europäischen Gerichtshof
Sensation: Fast alle Autokredite und Darlehen noch immer widerrufbar

Rechtsanwalt Stefan Bergeest | Foto: Axel-Holger Haase

"Dieses neue Urteil des europäischen Gerichtshofes (EuGH) ist bahnbrechend!", sagt Stefan Bergeest, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Seevetal. "Auch Jahre nach Vertragsschluss können Kreditkunden ihren Verbraucherdarlehensvertrag noch widerrufen, wenn der Darlehensvertrag fehlerhafte oder unvollständige Angaben enthält, die nach der Europäischen Verbraucherkreditrichtlinie in den Darlehensvertrag aufzunehmen sind."

Die bankenfreundliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) ist damit beendet, die Bankenwelt bebt, so Bergeest weiter. Der EuGH hat dies für Autokredite entschieden, betroffen sind jedoch auch allgemeine Verbraucherkredite wie Allzweckdarlehen für Anschaffungen wie z.B. der Kauf der Küche. Ob Immobilienkredite betroffen sind, bleibt abzuwarten.

Folgende Pflichtangaben müssen im Darlehensvertrag enthalten sein. Wenn diese nicht angegeben sind, kann widerrufen werden:

• Konkreter Satz der Verzugszinsen: In dem Kreditvertrag muss zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der konkrete Satz der Verzugszinsen genannt werden sowie der Mechanismus der Anpassung des Verzugszinses. Die oft verwendete Klausel "Der jährliche Verzugszins beträgt fünf Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz" reicht allein nicht.

• Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung: Die Methode für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung muss so konkret angegeben werden, dass der Kreditkunde deren Höhe berechnen kann. "Noch nie haben wir bei einem Kreditvertrag einen konkreten Rechenweg gesehen, damit ein Kunde dies selbst berechnen kann", so Rechtsanwalt Bergeest.

• Außergerichtliche Beschwerde- oder Rechtsbehelfsverfahren: Im Kreditvertrag müssen die wesentlichen Informationen über das außergerichtliche Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren und die hiermit gegebenenfalls verbundenen Kosten genannt werden. Ein Verweis auf eine im Internet abrufbare Verfahrensordnung oder ein anderes Schriftstück reicht nicht.

• Autokredite: Vermittelt, wie im Falle des EuGH, der Autohändler den Autokredit, dann hat die Bank im Rahmen des Vertrages / der Widerrufsbelehrung anzugeben, dass es sich um "verbundene Kreditverträge" handelt, die befristet sind.

Widerruf auch nach

Vertragsende möglich

Der EuGH hat dem Lieblingseinwand der Banken, ein Widerruf sei bei Beendigung des Kredites verwirkt, also ausgeschlossen, eine Absage erteilt. Der Verbraucher muss klar und verständlich über seine Rechte belehrt werden. Ein Widerruf sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, auch lange nach Vertragsschluss kann widerrufen werden.

Was bedeutet dies für den Kreditnehmer? Wird ein Darlehen widerrufen, so muss der Vertrag rückabgewickelt werden. Der Kreditnehmer erhält alle an die Bank geleisteten Zahlungen, also Zins- und Tilgungsleistungen zurück. Diese sind zugunsten des Kunden sogar zu verzinsen. Weitere Raten muss der Kunde nicht mehr zahlen. Beim Autokredit wird das Auto an die Bank gegen Wertersatz zurückgegeben, wobei Umsatzsteuer und Händlergewinn abzuziehen sind.

Lohnenswert kann ein Widerruf sein bei einem höheren Darlehens-Zinssatz, wenn ein günstigerer Kredit möglich ist (Umfinanzierung) und wenn man das finanzierte Auto zurückgeben will, weil es z.B. vom Diesel-Skandal betroffen oder sonst mangelhaft (z.B. Montagsauto) ist. Bevor voreilig widerrufen wird, sollte jedoch fachanwaltliche Hilfe zeitig aufgesucht werden, damit man auch weiß, ob sich ein Widerruf lohnt.

Stefan Bergeest
Rechtsanwalt und Fachanwalt für
Bank- und Kapitalmarktrecht
Seevetal

Redakteur:

Axel-Holger Haase aus Buchholz

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