Der General und die Tänzerin: Ein außergewöhnliches Paar aus dem Alten Land
Das WOCHENBLATT war zu Gast bei Generalmajor Jürgen-Joachim von Sandrart und seiner Frau Harriet

Jürgen-Joachim und Harriet von Sandrart von ihrem Haus. Sie wohnen seit 2008 im Alten Land   | Foto: jd
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(jd). In der Woche vormittags bei einem Becher Kaffee am heimischen Küchentisch sitzen: Das kommt nicht oft vor bei Jürgen-Joachim von Sandrart. Doch mit der Presse plaudert es sich zu Hause doch ein wenig entspannter als im Büro in der Kaserne. Von Sandrart ist einer von drei Divisionskommandeuren der Bundeswehr und gehört als Generalmajor zu den ranghöchsten Offizieren bei der Truppe. Seinem Kommando unterstehen mehr als 20.000 Soldaten. Der Stab seiner 1. Panzerdivision sitzt in Oldenburg. Von dort pendelt der 58-Jährige jedes Wochenende nach Hause ins Alte Land, wo er mit seiner Familie auf einem ehemaligen Obsthof lebt. Sein Ruhepol ist hier vor allem seine Frau Harriet, die sich spontan zum Küchen-Gespräch dazusetzt.

"Bisher konnte ich im Landkreis Stade inkognito unterwegs sein, doch das wird sich nach dem Artikel wohl ändern", steigt der Generalmajor augenzwinkernd in die Unterhaltung ein. Seit 2008 wohnen die von Sandrarts in einem beschaulichen Ortsteil von Hollern-Twielenfleth. Für Ehefrau Harriet war es die Rückkehr in die alte Heimat: Es ist ihr elterliches Anwesen, das sie mit ihrem Mann gekauft hat, um dort sesshaft zu werden.

Lange Offizierstradition: Jürgen-Joachim von Sandrart vor dem Bild eines Vorfahren in Husaren-Uniform | Foto: jd
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Das fast 200 Jahre alte Gebäude hat den Charakter eines Herrenhauses. Der Generalmajor hat Bedenken, ob das Haus auf den Fotos überhaupt zu sehen sein soll. "Ich will nicht als Gutsherr rüberkommen." Das "von" trägt seine Familie, die als Hugenotten nach Deutschland geflüchtet ist, bereits seit dem 17. Jahrhundert im Namen. Im Haus finden sich verschiedene Gemälde von Männern in Uniform - allesamt Vorfahren von Jürgen-Joachim von Sandrart, die als Husaren-Generale oder Kavallerie-Offiziere in preußischen Diensten waren. Diese militärische Tradition der Familie hat sich ununterbrochen fortgesetzt. Von Sandrarts Vater war Bundeswehr-General, der Großvater Oberst und der Urgroßvater Generalmajor.

Von der Entscheidung, nach 14 Umzügen dauerhaft im Alten Land zu bleiben, profitierten vor allem die vier mittlerweile erwachsenen Kinder. Sie mussten nicht mehr die Schule wechseln, wenn der Vater auf einen neuen Dienstposten versetzt wurde. Der Preis dafür: "Seit mehr als zehn Jahren führen wir eine Wochenend-ehe", berichtet das Ehepaar.

Nicht nur für die Heimfahrten, auch beruflich verbringt der Zwei-Sterne-General viel Zeit im Auto. Die Standorte der ihm unterstellten Brigaden und Bataillone verteilen sich über sechs Bundesländer und die Niederlande. Sein Dienstwagen ist daher sein zweites Büro. Die Limousine hat von Sandrart ganz pragmatisch gegen einen Mercedes Vito getauscht: "In dem Bus habe ich wenigstens einen Tisch, an dem ich arbeiten kann."

Seinen Job bei der Truppe vergleicht der Generalmajor mit der freien Wirtschaft. "Das ist so, als ob ich ein mittelständisches Unternehmen mit 36 Filialen führe." Dass ein Bundeswehr-Offizier dann doch mehr Risiken ausgesetzt ist als der Geschäftsführer einer Firma, hat von Sandrart in Afghanistan erlebt. Nur durch Zufall blieb er 2011 bei einem Bombenanschlag unverletzt. Seine Ankunft an der Stelle, wo die Bombe explodierte, hatte sich um wenige Minuten verzögert. Das Halstuch, das er damals anhatte, trägt er nun zu seinem Kampfanzug. Es ist sein Glücksbringer.

In seiner jetzigen Aufgabe als Divisionskommandeur geht der Wahl-Altländer (geboren ist von Sandrart in Lingen) voll und ganz auf. "Für mich ist es das Höchste, Menschen führen zu dürfen und den direkten Kontakt zu den Soldaten zu haben", erklärt der Generalmajor. Dabei gibt er sich bescheiden: "Ich bin in der Division nur eines von vielen Rädchen im großen Getriebe. Bei der Bundeswehr kommt es auf das Team an. Dass ich jetzt diese verantwortungsvolle Position innehabe, ist letztlich nur das Ergebnis von guten Teamleistungen."

Seit 2018 bekleidet von Sandrart den Posten in Oldenburg, im Herbst steht voraussichtlich wieder ein Wechsel ein. Ob es die letzte Versetzung sein wird? Wohl eher nicht. Doch der Ruhestand rückt näher. Dann muss sich von Sandrart an eines gewöhnen: Er wird ohne Adjutant zurechtkommen müssen. "Diese Aufgabe übernehme ich gewiss nicht", stellt seine Frau klar. "Ich koche ihm höchstens mal das Essen."
Harriet von Sandrart ist anders als so manche Offiziersgattin nicht einfach nur "Frau General". Die professionell ausgebildete Tänzerin und Choreografin ist als selbständige Musical-Trainerin und Ballettlehrerin tätig. In der örtlichen Turnhalle unterrichtete sie bis zum Corona-Lockdown rund 60 Kinder.

Generalmajor besucht Soldaten im Corona-Einsatz

Jetzt hat sie auf Einzelunterricht im Reiten umgesattelt - mit ihren beiden Ponys Napoleon und Winnetou. Letzteres hätte ihr Mann gern Blücher genannt. Doch auf den Namen des preußischen Generals wollte das Pony partout nicht hören. Bei den von Sandrarts zu Hause geht es eben doch ziviler zu als in der Kaserne.
Mit ganz zivilen Dingen muss sich der Generalmajor dann auch befassen, wenn er nach Hause kommt. Wie zum Beispiel dem Marder beizukommen ist, der sich unter dem frisch eingedeckten Reetdach des Pferdestalls eingenistet hat. Am Ende des Gesprächs überrascht von Sandrart mit einem Eingeständnis: Er hätte sich auch gut ein Dasein als Zivilist vorstellen können. "Mein Traumberuf wäre Land- oder Forstwirt gewesen." 

Er sagt von sich selbst, mit Leidenschaft Panzersoldat zu sein: Generalmajor Jürgen-Joachim von Sandrart (Foto, li.) ist Kommandeur der 1. Panzerdivision | Foto: Holger Schmidt/Bundeswehr
  • Er sagt von sich selbst, mit Leidenschaft Panzersoldat zu sein: Generalmajor Jürgen-Joachim von Sandrart (Foto, li.) ist Kommandeur der 1. Panzerdivision
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"Sound of Freedom"

Ein geradezu inniges Verhältnis hat Jürgen-Joachim von Sandrart zum Kampfpanzer Leopard II. Gefragt, was ihm zu diesem Stichwort einfällt, gerät der Generalmajor fast ins Schwärmen: Wenn der Motor eines Leopard II brumme, klinge das wie der "Sound of Freedom". Dieser Kampfpanzer sei nach wie vor eines der besten Waffensysteme der Bundeswehr. Für ihn gibt es nichts Größeres, als diesen Panzer zu fahren.

"Ich bin von ganzem Herzen Panzersoldat", sagt von Sandrart. Wenn er seine Einheiten auf Truppenübungsplätzen inspiziert, nutze er die Gelegenheit, sich auf den Richtschützenplatz zu setzen, durch die Zieloptik zu schauen und einen Schuss abzugeben. "Ich fühle mich dann in meine Zeit als junger Soldat zurückversetzt." Es sei "einfach cool", in einem Leopard II zu sitzen.

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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