Streit um Sperrpfosten
Beckdorfer wehren sich gegen Poller auf dem Fußweg

Auch ohne Poller könne ein Auto auf dem Fußweg nicht an der Bodenwelle vorbeifahren: Sören Wallin prüft mit dem Zollstab die Breite des Geweges | Foto: wd
3Bilder
  • Auch ohne Poller könne ein Auto auf dem Fußweg nicht an der Bodenwelle vorbeifahren: Sören Wallin prüft mit dem Zollstab die Breite des Geweges
  • Foto: wd
  • hochgeladen von Nicola Dultz

Alle Texte zum Wiegersweg

wd. Beckdorf. Ein einsamer Poller auf einem schnurgeraden Fußweg sorgt für Ärger in der Gemeinde Beckdorf. Rund 40 Anwohner fordern den Rückbau des Pfostens am Wiegersweg, der auf Wunsch eines Anwohners und auf Gemeindekosten aufgestellt wurde. Auch im Rat der Gemeinde Beckdorf wurde die Aktion der Verwaltung von mehreren Ratsmitgliedern kritisiert.
Dabei sind es offensichtlich zwei Themen, die die Gemüter erregen: Zum einen stellen Anlieger die Sinnhaftigkeit des Pfostens in Frage: Beim Wiegersweg handelt sich um eine etwa 600 Meter lange Nebenstraße mit insgesamt sechs Bodenwellen, in der Tempo 30 gilt. Zum anderen ärgern sie sich über die Vorgehensweise der Verwaltung, die ohne Anliegerbefragung einen Pfosten aufstellte, weil ein einzelner Anwohner das wünschte. Da passt es gut, dass zwei der Anlieger, nämlich Samtgemeinde- und Gemeinderatsmitglied Frank Wallin und sein Sohn Sören Wallin, ein Volljurist, Mitglieder der Interessengemeinschaft gegen Behördenwillkür (IGB) sind.
Sie legten der Verwaltung der Gemeinde Beckdorf eine entsprechende Unterschriftensammlung der Anlieger vor und führen den Schriftverkehr mit der Gemeinde Beckdorf sowie dem Straßenverkehrsamt des Landkreises Stade.
Der Streit um die Gefährdung von Anwohnern, insbesondere von Kindern, am Wiegersweg durch den Straßenverkehr hat Geschichte: Schon im Jahr 2016 gab es an gleicher Stelle Ärger wegen einer besonders steilen Bodenwelle, die ein Anlieger errichten lassen hat. Damals war es allerdings der Nachbar des Anwohners, der jetzt den Pfosten wünschte. Die Bodenwelle musste damals nachgebessert werden (das WOCHENBLATT berichtete). Der Anwohner wiederum ärgerte sich, weil Autofahrer versuchten, die Bodenwelle zu umfahren, indem sie mit zwei Rädern auf den Fußweg auswichen. Genau an dieser Stelle wurde jetzt, fünf Jahre später, der Pfosten aufgestellt.
Die Anwohner, die die Unterschriftenliste unterschrieben haben, erkennen an der besagten Stelle keine besondere Gefährdung von Passanten, auch nicht von Kindern. Der gesamte Fußweg am Wiegersweg komme - wie die meisten anderen Nebenstraßen im Landkreis Stade - ohne zusätzliche Pfosten zum Schutz von Fußgängern in Tempo-30-Zonen aus, so Sören Wallin. Vielmehr stelle der Poller für die Fußgänger eine Gefahr dar.
Als Volljurist sieht Sören Wallin zudem rechtliche Probleme bei der Aufstellung des Sperrpfostens. Das Straßenverkehrsamt wurde erst nachträglich ins Boot geholt, nachdem der Poller bereits aufgestellt worden war. Wallin geht aber davon aus, dass die Gemeinde gar nicht zuständig gewesen wäre, sondern das Straßenverkehrsamt (Landkreis). Die Verwaltung der Gemeinde Beckdorf und auch das Straßenverkehrsamt beurteilen die Situation anders.
Entscheidend für den gesamten weiteren Verlauf der Argumentation ist, ob der Fußgängerweg als befahrbarer Raum oder nicht angesehen wird. Und schon da sind sich der Volljurist und die Behörden nicht einig: Sören Wallin sagt, der Fußweg sei befahrbarer Raum, der extra auf gleicher Höhe wie die Straße angelegt wurde, damit Fahrzeuge bei Gegenverkehr ausweichen können. Dafür spreche auch der nur zwei Zentimeter hohe abgerundete Bordstein. Die Vertiefung der Straße, auf die die Gemeinde hinweist, um das Gegenteil zu belegen, sei eine Maßnahme, damit Regenwasser ablaufen könne, so Wallin. Insgesamt liege der Fußweg auf dem gleichen Niveau wie die Straße.
Die nächste Uneinigkeit betrifft die Frage, wer für die Aufstellung des Sperrpfostens zuständig ist. Die Rechtslage scheint nicht ganz eindeutig zu sein, weil es zum einen Gerichtsurteile gibt, nach denen der Sperrpfosten eine Verkehrseinrichtung und damit anordnungsbedürftig ist (StVO, § 43 Absatz 1 Satz 1) - dann wäre der Landkreis zuständig. Es gibt aber auch Urteile, nach denen Sperrpfosten nicht anordnungsbedürftig sind, dann wäre die Gemeinde zuständig. Aber das seien Einzelurteile gewesen und auch dann wären laut Wallin im Beckdorfer Fall einige Voraussetzungen nicht erfüllt, um einen Sperrpfosten aufstellen zu dürfen.
Auf jeden Fall aber sei das Argument des Straßenverkehrsamtes, bei eindeutiger Rechtslage könne auf eine Anordnung verzichtet werden, nicht überzeugend, um im Nachgang das Handeln der Gemeinde zu rechtfertigen. "Es ist doch ganz offensichtlich, dass die Rechtslage nicht eindeutig ist. Darauf weist das Straßenverkehrsamt selbst schon im ersten Satz hin, wenn es schreibt: 'Es ist strittig, ob Sperrpfosten Verkehrseinrichtungen und damit anordnungsbedürftig sind'", sagt Sören Wallin. Seiner Meinung nach handelt es sich bei dem Sperrpfosten um einen rechtswidrigen Zustand.

Redakteur:

Nicola Dultz aus Buxtehude

Webseite von Nicola Dultz
Nicola Dultz auf Facebook
Nicola Dultz auf Instagram
Nicola Dultz auf YouTube
following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

3 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Service

Wichtige WOCHENBLATT-Mail-Adressen

Hier finden Sie die wichtigen Email-Adressen und Web-Adressen unseres Verlages. Wichtig: Wenn Sie an die Redaktion schreiben oder Hinweise zur Zustellung haben, benötigen wir unbedingt Ihre Adresse / Anschrift! Bei Hinweisen oder Beschwerden zur Zustellung unserer Ausgaben klicken Sie bitte https://services.kreiszeitung-wochenblatt.de/zustellung.htmlFür Hinweise oder Leserbriefe an unsere Redaktion finden Sie den direkten Zugang unter...

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.