Landkreis Stade/Harburg
Die Krise der katholischen Kirche als Neuanfang

Gemeindereferentin Katrin Sobanja kann die 
Menschen verstehen, die aus der Kirche austreten. Sie bleibt, um Gutes zu tun | Foto: sv
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    Menschen verstehen, die aus der Kirche austreten. Sie bleibt, um Gutes zu tun
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(sv). Unzählige sexuelle Missbrauchsskandale, die Diskriminierung von Frauen, Homosexuellen und Transpersonen, und mehr Regeln und Verbote als offene Türen: Der Berg an Problemen, die die katholische Kirche aufarbeiten muss, ist groß. Und immer größer wird auch die Zahl der Menschen, die sich deshalb von ihr abwenden: Rund 360.000 Deutsche traten vergangenes Jahr aus der katholischen Kirche aus, das teilte die Deutsche Bischofskonferenz am Montag mit. Ein Rekordhoch. Zum Vergleich: Es traten 2021 gerade einmal 1.465 Menschen in die katholische Kirche ein und 4.116 Menschen wurden wieder aufgenommen.

Doch wie sieht die Situation hier in der Region aus? Die Pfarreien in Buxtehude, Harsefeld und Neu Wulmstorf (Landkreis Harburg) gehören dem Bistum Hildesheim an. Auch sie haben seit Jahren Austritte zu verzeichnen - so traten 2021 188 Mitglieder von insgesamt 8.236 aus der St. Mariä Himmelfahrt Kirche in Buxtehude aus und 33 Personen traten neu oder wieder ein.

Jeden dieser Austritte unterschreiben der Pfarrer und die Gemeindereferentin persönlich und erkundigen sich nach den Gründen. "Meist ist die erste Antwort, die wir bekommen: 'Es liegt nicht an euch!'", sagt Gemeindereferentin Katrin Sobanja. Frustrieren lässt sie sich dadurch aber nicht, denn sie kann die Gründe nur zu gut nachvollziehen. "Natürlich kann und will ich niemanden, der zum Beispiel selbst sexuellen Missbrauch erfahren musste, in dieser Kirche halten", sagt sie und geht noch weiter: "Wenn ich nicht selbst hier arbeiten würde, würde ich mir vielleicht auch überlegen, auszusteigen."

Die Christliche Botschaft wird nicht untergehen

Doch Sobanja ist davon überzeugt, in ihrer Kirchengemeinde Gutes tun zu können und die christlichen Werte als Katholikin weitertragen zu können, ohne sich vom Schatten der skandalbehafteten Institution beirren zu lassen. "Es geht doch darum, diese Freude und den Glauben, den ich in mir trage, nach außen hin auszustrahlen. Wir als Pfarrei haben es uns längst zur Aufgabe gemacht, die Kirche nach draußen zu tragen, die Menschen aktiv mit einzubinden und nicht darauf zu warten, dass sie zu uns kommen." Was die Zukunft der katholischen Kirche angeht, sei sie wenig besorgt. "Ich denke schon, dass die Kirche aus den Fehlern gelernt hat. Und auch wenn die katholische Kirche in einer Krise steckt und in Zukunft noch mehr Austritte beklagen muss, bereitet mir das wenig Kopfzerbrechen. Das heißt ja nicht, dass die christliche Botschaft stirbt. Ganz im Gegenteil: Es erwächst die Chance, die Kirche von Grund auf neu aufzubauen. Das gibt mir Hoffnung."

Warum sie sich gerade um die Kirchengemeinden hier in der Region wenig Sorgen macht, erklärt sie mit ihrer Entstehungsgeschichte: "Viele Bistümer wie in Köln oder Bayern bestehen schon seit hunderten von Jahren. Dagegen ist unsere Geschichte im Norden viel jünger. Als katholische Flüchtlinge aus dem Osten nach dem zweiten Weltkrieg hier ankamen, war die Region vor allem protestantisch besiedelt. Katholiken waren, vergleichbar mit heutigen Flüchtlingen, oft nicht gewollt oder wurden mit Misstrauen behandelt. Sie mussten sich eigene Orte schaffen, um ihren Glauben auszuleben." Da die Pfarreien im Landkreis im Einzugsgebiet der Metropolregion Hamburg liegen, gebe es auch kein Überalterungsproblem und eine hohe Fluktuation. "Es ziehen immer neue Familien zu. Deshalb gibt es hier auch nicht diese seit Generationen alteingesessenen Kirchengemeinden, in denen man ermahnt wird, wenn man mal einen Sonntag in der Kirche gefehlt hat."

In den Kirchengemeinden läuft die Aufarbeitung schneller

Zu den Skandalen um die katholische Kirche beziehen die Mitarbeitenden der St. Mariä in Buxtehude klar Stellung: "Die Aufarbeitung der sexuellen Missbrauchsfälle kam viel zu spät", sagt Sobanja. "Die Gutachten sprechen eine klare Sprache: Es ist unübersehbar, dass da ein Fehler im System vorliegt." Im Bistum Hildesheim bemühe man sich deshalb, alle möglichen Maßnahmen zu treffen, um eine offene Aufarbeitung zu ermöglichen und derartiges in Zukunft zu verhindern. "Wir haben das Glück, mit Dr. Heiner Wilmer einen sehr konstruktiven und nach vorne gewandten Bischof zu haben, der diese Maßnahmen vorantreibt. Beispielsweise werden alle unsere Mitarbeiter und Ehrenamtlichen nach einer Präventionsordnung geschult", sagt Sobanja. Auch Themen wie Inklusion werden hier nicht immer noch diskutiert, sondern längst gelebt. So ist die Anstellung von Transpersonen schon erfolgt und von der Mehrheit der Gemeindemitglieder akzeptiert.

Redakteur:

Svenja Adamski aus Buchholz

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