Infoveranstaltung zum Pflegenotstand
Kurzfristig Finanzierung sicherstellen

Die Veranstalter trugen die Pflege symbolisch zu Grabe: (v. li.) Dirk Jäger, Hans-Joachim Fischer, Nikolaus Lemberg, Lars Perlowski und Ole Bernatzki
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"Es muss Schluss sein mit dem gegenseitigen Schwarzer-Peter-Spielen. Die Situation ist so dramatisch, dass wir schnell von allen Systemverantwortlichen Intensivpflege für die Pflege benötigen, sonst bricht uns die gesamte Pflegeinfrastruktur zusammen." Mit diesen dramatischen Worten eröffnete Angelika Tumuschat-Bruhn, jahrelang im Pflegesektor tätige Ratsvorsitzende der Gemeinde Seevetal, am vergangenen Mittwoch die Informationsveranstaltung zum Thema "Pflegenotstand". Mehr als 250 Menschen kamen zu dem Diskussionsabend in die Burg Seevetal in Hittfeld (Landkreis Harburg), zu dem die Initiative "Pflegestop" eingeladen hatte. In ihr haben sich 21 Pflegedienste aus den Landkreisen Harburg, Stade, Lüneburg und Heidekreis zusammengeschlossen, die mehr als 1.000 Beschäftigte und mehr als 5.000 Pflegebedürftige repräsentieren. Im Laufe der Diskussion, an der sich Vertreter von Politik, Pflegediensten und Gesellschaft beteiligten, wurde deutlich, dass es primär um kurzfristige finanzielle Hilfe für Pflegedienste geht, um deren Überleben zu sichern, und langfristig um eine größere Reform der Pflegelandschaft. 
Beherrschendes Thema war die aus Sicht der Pflegedienste unzureichende Refinanzierung der geleisteten Arbeit. "Wenn sich das nicht ändert, wird es die Pflege, wie wir sie heute kennen, künftig nicht mehr geben", warnte Mit-Organisator Lars Perlowski vom Pflegedienst Pflege24 in Buchholz. Dirk Jäger, Superintendent des Kirchenkreises Hittfeld, dessen Diakoniestationen Nordheide jüngst Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt hatten, betonte, dass die Gehaltssteigerungen durch das im Jahr 2022 beschlossene Tariftreuegesetz viele Pflegedienste an oder über die Grenzen gebracht habe. "Denn leide ist Teil zwei, die ausreichende Refinanzierung, ausgeblieben", kritisierte Jäger. 
Das Problem, das wurde in der Burg Seevetal deutlich, ist allen bekannt. Nur wer jetzt wie handeln soll, ist strittig. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Svenja Stadler erklärte, die Refinanzierung sei eine "Gesamtaufgabe von Bund, Ländern sowie Kranken- und Pflegekassen", bei der "man nicht interessengeleitet handeln" dürfe. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Jens Beeck bemängelte, dass die Refinanzierung in Niedersachsen so schlecht wie in keinem anderen Bundesland im Westen Deutschlands sei. Wie das zu beheben sei, verriet er nicht. Die Grünen-Landtagsabgeordnete Nadja Weippert nahm alle Parteien in die Pflicht und forderte weniger Bürokratie und mehr Digitalisierung, sah die Hauptverantwortung aber beim Bund. Einen konkreten Vorschlag unterbreitete der CDU-Landtagsabgeordnete Jan Bauer: Er brachte, wie bei Kita-Plätzen für Kinder, einen Rechtsanspruch für pflegebedürftige ältere Menschen auf einen Pflegeplatz ins Spiel. Maik Wolff, Sprecher des Netzwerks "Pflege in Not" in Mecklenburg-Vorpommern, forderte ein Ende des Zauderns bei Politik und Krankenkassen: "Sie müssen aussprechen, wie die Pflege der Zukunft aussehen soll. Die Pflegedienste werden ein entsprechendes Angebot organisieren!" Vor allem brauche es jetzt endlich Personen, die handeln, anstatt auf den anderen zu zeigen.
Einen schweren Stand hatte Wilken Voss von der Krankenkasse AOK. Er forderte vom Bund, für klare Verhältnisse zu sorgen. "Wir brauchen Sicherheit, um verlässlich kalkulieren zu können", betonte Voss. Er verwies auf Milliardenbeträge bei Corona-Hilfen, auf denen die Krankenkassen zu Unrecht säßen. Für Entrüstung bei Vertretern der Pflegedienste sorgte Voss mit seiner Behauptung, Bund, Länder und Krankenkassen hätten bislang immer gute Abschlüsse hinbekommen.  
Zweiter wichtiger Punkt bei dem Diskussionsabend war die Reform der Pflegelandschaft, die Pflegedienste und Krankenhäuser gleichermaßen betrifft. An vielen Stellen könne man vergleichsweise schnell reagieren, verdeutlichte Angelika Tumuschat-Bruhn. Als Beispiele nannte sie die schnellere Bearbeitung bei Höhergruppierungsanträgen in stationären Pflegeeinrichtungen, die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen von Pflegekräften sowie die Kostenanerkennung für Personal von Zeitarbeitsfirmen. Sie sei froh, dass das Landesgesundheitsministerium jüngst die konzertierte Aktion "Pflege Niedersachsen" wieder aufgenommen und einen Zehn-Punkte-Plan für Niedersachsen entwickelt habe. Schwerpunkt ist dabei allerdings die Fachkräftegewinnung, die Refinanzierung der Pflegedienste ist darin nicht enthalten. (os).

Redakteur:

Oliver Sander aus Buchholz

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