Kreise Stade und Harburg ziehen Bilanz
Ein Jahr Neuregelung: Ehrenamtliche Vormünder statt Amtsvormundschaften

Das Vormundschaftsrecht wurde vor rund einem Jahr reformiert. Die Landkreise Stade und Harburg zogen auf WOCHENBLATT-Bitte eine Zwischenbilanz | Foto: Adobe Stock/Pixel-Shot
  • Das Vormundschaftsrecht wurde vor rund einem Jahr reformiert. Die Landkreise Stade und Harburg zogen auf WOCHENBLATT-Bitte eine Zwischenbilanz
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Anfang 2023 wurde das Vormundschaftsrecht reformiert. Mit den gesetzlich Änderungen sollte u.a. die Übernahme der Vormundschaft für Kinder und Jugendliche durch Ehrenamtliche gefördert und gestärkt werden. Ziel war u.a., mehr geeignete Personen aus dem persönlichen bzw. familiären Umfeld der betroffenen jungen Menschen als Vormund zu gewinnen. Nach rund einem Jahr ist es an der Zeit für eine kleine Bilanz. 

Oftmals schon vorher Bezugsperson gewesen

Wenn Eltern nicht mehr das Sorgerecht für ihr Kind ausüben können oder dürfen, wurde in solchen Fällen früher oftmals eine Amtsvormundschaft beim Jugendamt eingerichtet. Dass jetzt Privatpersonen die Rechte und Pflichten eines Vormunds übernehmen dürfen, entspringt der Überlegung, dass diese Personen meist schon einen vertrauten Umgang mit dem Kind haben und sie dessen Wünsche und Bedürfnisse bereits kennen. Idealerweise waren sie auch in der Vergangenheit schon Ansprechpartner und Bezugsperson für die Kinder. 

Beim Amt Jugend und Familie des Landkreises Stade kümmert sich seit der Gesetzesänderung Andrea Böhn um die Akquise und Betreuung der ehrenamtlichen Vormünder. Ihr Fazit nach gut einem Jahr ist positiv: Im vergangenen Jahr konnten mehr als 80 Privatpersonen für die Übernahme einer Vormundschaft gewonnen werden. Insgesamt werden beim Landkreis Stade 212 Amtsvormundschaften bzw. -pflegschaften geführt. Beim Landkreis Harburg sind es aktuell 298 Vormundschaften und Pflegschaften, wovon 47 durch ehrenamtliche Personen übernommen wurden. 

Vormund möglichst aus dem Umfeld der Familie

"Das Jugendamt ist bei jedem Entzug der elterlichen Sorge gesetzlich verpflichtet, eine ehrenamtliche Vormundschaft im Umfeld der Familie zu überprüfen und den Familiengerichten über die Prüfung zu berichten", heißt es vom Landkreis Harburg auf WOCHENBLATT-Nachfrage. Beim Familiengericht liegt letztlich auch die Entscheidung über die Übertragung der Vormundschaft. Für die Beratung und Unterstützung der Vormünder steht beispielsweise im Winsener Kreishaus der sogenannte Fachdienst Vormundschaften bereit. Dieser bietet bei Bedarf Hilfe an oder verweist auf externe Beratungs- und Unterstützungsangebote. 

Diese ehrenamtlichen Vormünder sind überwiegend Verwandte, langjährige Pflegeeltern oder auch enge Bekannte der Kinder und Jugendlichen. Eher selten melden sich Privatpersonen, die eine Vormundschaft für ein Kind übernehmen möchten, ohne dieses vorher gekannt zu haben. Böhn zeigt sich zufrieden: "Die Anzahl an Privatpersonen, die ihre Bereitschaft zur Übernahme der ehrenamtlichen Vormundschaft gezeigt haben, hat die Erwartungen weit übertroffen."

Wer ist geeignet? Kriterien zur Übernahme einer Vormundschaft

Es gab aber bereits Fälle, bei denen das Jugendamt die Übernahme von Vormundschaften abgelehnt hat. Als Vormund ist eine Person auf jeden Fall ungeeignet,

  • wenn es negative Einträge im erweiterten Führungszeugnis gibt.
  • wenn laut ärztlichem Gesundheitszeugnis Hinweise auf ein Suchtverhalten bestehen oder eine gravierende psychische Störung bzw. eine lebensbedrohliche körperliche Erkrankung vorliegt.
  • wenn aufgrund der politischen, religiösen oder weltanschaulichen Haltung die demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland abgelehnt wird.
  • wenn diese Person sektiererischen Glaubensgemeinschaften mit stark missionarischem Auftrag angehört.
  • wenn deutliche Anzeichen mangelnder Erziehungsfähigkeit vorliegen.
  • wenn herabwürdigende und erniedrigende Erziehungsmethoden angewendet werden. 
  • wenn für die Person ein Betreuer bestellt ist.
  • wenn die Eltern die betreffende Person ausdrücklich als Vormund ausgeschlossen haben.
  • wenn die Person zu der Einrichtung, in der der Mündel lebt, in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung steht.

Auf der eine Seite stehen die Ausschlusskriterien, auf der anderen Seite werden auch einige persönliche Voraussetzungen genannt , die ein Vormund erfüllen muss. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) müssen Vormünder nach ihren Kenntnissen und Erfahrungen, ihren persönlichen Eigenschaften, ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie ihrer Fähigkeit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den anderen an der Erziehung des Mündels beteiligten Personen und Institutionen geeignet sein, die Vormundschaft so zu führen, wie es das Wohl des Mündels erfordert. Im Einzelnen bedeutet dies:

  • Bereitschaft zur Übernahme eines langjährigen, kontinuierlichen und verantwortungsvollen Engagements
  • Eine wertschätzende Haltung gegenüber Kindern und Jugendlichen
  • Offenheit gegenüber anderen Menschen, Lebensweisen und Kulturen
  • Kritikfähigkeit und Bereitschaft, das eigene Handeln kritisch zu hinterfragen
  • Bereitschaft zur Kooperation und Zusammenarbeit mit Jugendämtern, Familiengerichten und anderen Behörden und Institutionen
  • Durchsetzungsstärke, um die Interessen des Mündels zu vertreten
  • Zeitliche Ressourcen für den persönlichen Kontakt zum Mündel
  • Psychische und physische Gesundheit
  • Gesicherte finanzielle Verhältnisse
Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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