Kritik an Terminservice- und Versorgungsgesetz
Ein Gesetz sorgt für Frust

Nicht überzeugt: Dr. Stephan Brune (li.) und Mark Barjenbruch | Foto: jab
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jab. Stade. Das Termin- und Versorgungsgesetz, das von Jens Spahn auf den Weg gebracht wurde und viele Maßnahmen beinhaltet, soll unter anderem für einen schnelleren Termin beim Arzt oder Psychotherapeuten sorgen (das WOCHENBLATT berichtete). Doch die Kassenärztliche Vereinigung sowie die Ärzteschaft sehen das Gesetz nicht als zielführend an und kritisieren das Eingreifen des Gesetzgebers in die Abläufe der Arztpraxen.

Das Gesetz ordnet an, dass Fachärzte wie Augenärzte oder Dermatologen seit dem 1. September fünf zusätzliche offene Sprechstunden vorhalten müssen. Außerdem wurde die Sprechstundenzeit von niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten von 20 auf 25 Stunden angehoben. Mark Barjenbruch, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN), sieht es als Unterstellung den Ärzten gegenüber, ohne das Gesetz zu wenig zu arbeiten. Er kenne keinen Arzt, der vorher weniger als 25 Stunden gearbeitet hat. "Durch das Gesetz wird keine bessere Versorgung geschaffen, sondern Arbeitszeit nur umgeschichtet. Es ändert sich letztendlich nichts", so Barjenbruch. Dr. Stephan Brune, Vorsitzender des Bezirksausschusses der Bezirksstelle Stade der KVN, bestätigt das: "Wir haben dadurch nicht mehr Stunden für die Patienten."

Die offenen Sprechstunden sind dabei sowohl für die Ärzte als auch für die Patienten frustrierend. Der Arzt wisse vorher nicht, wie viele Patienten kommen, so Brune. Im schlimmsten Fall stehen 60 Patienten vor der Tür, die der Arzt alle ansehen muss. Solange müssten auch die Angestellten in der Praxis bleiben. Dabei haben die Patienten keinen Anspruch auf eine vollständige Untersuchung, ergänzt Barjenbruch. "Der Patient erhält dann einen Termin und muss erneut zu einem späteren Zeitpunkt wiederkommen." Der Vorstandsvorsitzende empfiehlt daher jedem, zuvor in der Praxis nachzufragen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, eine Untersuchung zu erhalten. Brune: "Hier gilt der dringende Appell, nur bei einem akuten Problem in die offene Sprechstunde zu kommen."

Viele ältere Ärzte, die auch mit 70 noch zur Gesundheitsversorgung beitragen, überlegen nun doch aufgrund des Gesetzes aufzuhören. Das wäre fatal. Schließlich herrsche Ärztemangel, vor allem in den ländlichen Region. Brune: "Mehr Studienplätze und eine ausreichende Budgetierung werden gebraucht und keine Gesetze, die die Ärzte demotivieren und zusätzlich belasten."

Kritik gibt es auch in Bezug auf die Terminvergabestelle. Sie werde zwar viel kontaktiert, zu Vermittlungen komme es aber wenig. Denn die Vergabe sei kein Wunschkonzert. Ort, Zeit und Arzt können nicht selbst gewählt werden, sondern werden zugeteilt. Zudem finden Vergaben nur innerhalb des eigenen Bundeslandes statt. Brune wirft ein, dass Patienten teilweise dann auch nicht zu den Terminen erscheinen. Zeit, die für andere Patienten fehle. Ein Bruchteil der Facharzttermine werden über die Servicestelle vermittelt. Gesprochen wird von unter einem Prozent. Die meisten Termine werden zwischen Patient und Arzt oder durch den Hausarzt selbst abgesprochen. Ab 2020 soll die Servicestelle dennoch ausgeweitet werden und dann 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche verfügbar sein.

Sowohl KVN als auch Ärzteschaft halten Spahns Gesetz für populistisch. Denn es gaukelt den Patienten vor, etwas für sie getan zu haben. Letztendlich werde es wohl keine umfangreichen Verbesserungen geben.

Redakteur:

Jaana Bollmann aus Stade

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