Zelt-Premiere mit Startschwierigkeiten
Richter bricht Verhandlung im Zelt am Landgericht Stade ab

Die Angeklagten wurden über den Seiteneingang des Zeltes in den "Saal" geführt | Foto: jab
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jab. Stade. Hier hat nicht einmal warm anziehen etwas genützt: Der erste Verhandlungstag im Zelt des Landgerichts Stade fand ein vorzeitiges Ende. Bereits nach der dritten Verhandlung am Montag war Schluss. Der Grund: zu laut und zu kalt. Die Premiere der Übergangslösung während der Corona-Pandemie im Innenhof des Justizgebäudes war ein regelrechter Reinfall.

Geduldig warteten die Prozessbeteiligten vor dem Saal 7, in dem die Verhandlung gegen zwei Männer wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung fortgesetzt wurde (das WOCHENBLATT berichtete). Dabei handelte es sich aber nicht um einen Raum, sondern um ein Zelt, das dem Gericht einen Verhandlungsort für einen großen Strafprozess bereiten sollte. Bis kurz vor Beginn der Sitzung blieben die Beteiligten auch im Warmen, denn die Außentemperatur betrug lediglich vier Grad. Um dagegen anzuarbeiten, ratterten vor dem Zelt die Generatoren der Heizung, wodurch der Lärmpegel unwahrscheinlich hoch war. Dennoch: Kaum ein Prozessbeteiligter legte vor Beginn der Verhandlung seine Jacke ab. Und wer es doch tat, bereute es schnell wieder.

Gleich zu Beginn teilte der Vorsitzende Richter, Rolf Armbrecht, mit, dass bereits zwei Verhandlungen hier stattgefunden hätten. Allerdings sei es lediglich um Formalien gegangen und nicht um eine Zeugenbefragung. "Sollten wir feststellen, dass die Geräuschkulisse stört oder es zu kalt wird, brechen wir ab", kündigte er vorausschauend an.

Trotz Heißluft kroch die Kälte durch die dünnen Planen und offenen "Türen". Die Generatoren, die im Wechsel an und wieder aus gingen, machten es schwer, die Prozessbeteiligten zu verstehen - trotz Mikrofon. Die Heizung wurde letztendlich abgeschaltet.

Sofort sank die Temperatur im Zelt merklich. Schließlich musste die Verhandlung nach rund 30 Minuten unterbrochen werden, da es schlichtweg zu kalt war. Die Heizungen wurden wieder angeschmissen, die Menschen wärmten sich im Justizgebäude auf. Die Kammer versuchte, einen anderen Raum zu organisieren.

Kaum wurde der Prozess wieder aufgenommen, teilte der Vorsitzende Richter auch schon das Ende mit: "Es ist zu kalt und zu laut." Zudem sorgte er sich um die Gesundheit aller Beteiligten. Er bedankte sich sogar, dass alle so lange ausgehalten hätten.

"Das können wir nicht schönreden", sagt Pressesprecherin und Richterin am Landgericht Petra Linzer. Es sei schlichtweg unerträglich, dass ein Opfer bei seiner Aussage brüllen müsse. Inzwischen seien elektronische Heizungen installiert worden. "Es ist warm und die Akustik ist in Ordnung", so die Sprecherin.

Die Zeltidee sei nur entstanden, da es derzeit ein großes Strafverfahren gebe, bei dem Fristen eingehalten werden müssten. Der Schwurgerichtssaal habe dafür nicht ausgereicht. Daher sei das Gericht im vergangenen Jahr auf das Stadeum, später auf eine Veranstaltungshalle in Cuxhaven ausgewichen. Beide Orte stünden nicht mehr zur Verfügung: In Cuxhaven sei ein Impfzentrum eingerichtet worden und das Stadeum sei in erster Linie eine Kultur- und Veranstaltungsstätte. "Das geht nicht parallel zum Strafverfahren", sagt Linzer. Eine feste Zusage hätte es hier auch nur bis Ende Januar gegeben. Auf eine Ausschreibung habe niemand geantwortet.

Warum wurde aber kein winterfestes Zelt im Innenhof aufgestellt? Linzer: "Die dicken schweren Zeltteile hätten per Kran aufgestellt werden müssen. Das geht im Innenhof nicht. Hier kann nur ein Zelt entstehen, dass mit Manpower aufgebaut werden kann." Dass die Generatoren der Heizung so laut sind, wurde im Praxistest zuvor nicht deutlich.

"Wir klammern uns an dieser Lösung nicht fest", sagt Linzer. Wenn es im Zelt jetzt immer noch nicht geht oder sich eine bessere Möglichkeit findet, dann würde die Verwaltung ausweichen. "Wir wollen nur das Strafverfahren vernünftig zu Ende bringen."

Die Angeklagten wurden über den Seiteneingang des Zeltes in den "Saal" geführt | Foto: jab
Wer hier an einer Verhandlung teilnimmt, sollte sich besonders warm anziehen | Foto: jab
Redakteur:

Jaana Bollmann aus Stade

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