Wie heet dat op platt?
jd. Bargstedt. Beispiel Bargstedt: Es ist ein langer Weg, bis ein Ortsschild mit einem niederdeutschen Namen versehen werden darf. "Wie heet dat Dörp nu op Platt?" Diese Frage möchte der Bargstedter Gemeinderat geklärt wissen. Der Grund: Die Politiker haben vor, die Ortsschilder zusätzlich mit der niederdeutschen Bezeichnung zu versehen. Dahinter steckt die Idee, nach außen hin sichtbar zu machen, dass in den Dörfern der Gemeinde noch eine zweite Sprache neben dem Hochdeutschen gesprochen wird. Die Möglichkeit, zweisprachige Ortstafeln aufzustellen, gibt es in Niedersachsen seit fast zehn Jahren. Vorreiter im Landkreis Stade ist Agathenburg, dass seit 2006 zusätzlich den plattdeutschen Namen Gothenborg im Schilde führt. Ein paar Jahre später zog Buxtehude (Buxthu) nach. Allerdings darf eine Kommune nicht einfach neue Schilder aufstellen. Die Bargstedter haben ihre Entscheidung erst einmal vertagt.
"Es gibt noch Unklarheiten, wie Bargstedt und seine beiden Ortsteile Ohrensen und Frankenmoor auf Platt geschrieben werden", berichtet Harsefelds Vize-Rathauschef Bernd Meinke, der als Verwaltungsvertreter des Bürgermeisters jeder Ratssitzung in Bargstedt beiwohnt. Tatsächlich ist die niederdeutsche Schreibweise eines Ortsnamens oftmals der Knackpunkt. "Ein verbindliches Regelwerk für die niederdeutsche Schrift existiert leider nicht", erläutert Dr. Reinhard Goltz vom Institut für niederdeutsche Sprache (INS) in Bremen. Platt werde meist "frei nach Schnauze" geschrieben - und da gebe es oftmals schon innerhalb eines Dorfes verschiedene Varianten.
Das ist auch im Fall Bargstedt so: Was kommt der plattdeutschen Aussprache in der Schriftform am nächsten: Bargst oder Barst? Uhrens oder Ohrens? Die Politiker wollen nun die Sprach-Experten von INS zu Rate ziehen. Das Institut muss ohnehin befragt werden, wenn ein Ort einen doppelten Namen führen will. Dafür ist ein Antrag an das Verkehrsministerium in Hannover zu richten - und das stimmt erst zu, wenn das INS die plattdeutsche Bezeichnung abgesegnet hat.
"Wir prüfen, ob die niederdeutsche Namensgebung plausibel erscheint und die Schreibweise auf dem Schild auch für Außenstehende verständlich ist", erklärt Goltz. Dabei müsse klar sein, dass die schriftliche Darstellung nur eine Annäherung an die Laute sein könne. Ein wichtiger Aspekt sei natürlich auch die Lesbarkeit. "Es gab schon Anfragen, ob nicht das durchgestrichene O oder der Kringel aus dem Dänischen verwendet werden dürfen", sagt Goltz: "Davon raten wir ab, weil das niemand lesen kann."
Allerdings wollen sich die Bremer auch nicht zu Sprachrichtern aufspielen: "Wir bieten gern unsere Unterstützung bei der Namensfindung an und machen Vorschläge, wenn wir einen beantragten Namen nicht passend finden." Auf jeden Fall dürfe man es nicht zu kompliziert machen: So sollte das Wort "Moor", das als Anhängsel etlicher Ortsnamen vorkommt, auch auf Platt genauso geschrieben werden. "Daraus Muur, Muhr, Mour oder ähnliches zu machen, halte ich für unsinnig", meint Goltz.
Er empfiehlt den Bargstedtern, sich zunächst selber für eine vernünftige Variante zu entscheiden, die sich an der hochdeutschen Schreibweise anlehnt. Dabei mahnt er zur Gelassenheit: Denn solch eine Namensfindungs-Prozedur habe mancherorts schon zu handfesten Streitigkeiten geführt. Goltz weiß von zwei, drei aktuellen Fällen, in denen die Diskussion um die plattdeutsche Bezeichnung fast zum Glaubenskrieg ausgeartet sei. Das ist in Bargstedt wohl nicht zu befürchten: Die Politiker haben in vorweihnachtlicher Harmonie entschieden, die Sache in Ruhe anzugehen.
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