Bundeswehr unterstützt weiter
Corona-Kontaktnachverfolgung: Das Limit im Landkreis Stade ist längst erreicht
jd. Stade. Corona hat die Kreisverwaltung längst ans Limit gebracht - sowohl personell als auch logistisch. Was das konkret bedeutet, macht ein Blick in das Verwaltungsgebäude an der Großen Schmiedestraße deutlich. Dort sind die meisten der rund 40 Kontaktnachverfolger tätig. Im ersten Stock befindet sich der ehrwürdige Wappensaal. Der repräsentative Saal mit der edlen Vertäfelung ist zu einem schnöden Büro umfunktioniert, weil anderswo kein Platz mehr ist. Vor den Monitoren sitzen Männer in Uniform und telefonieren. Es sind die sechs Soldaten, die der Landkreis im Rahmen der Amtshilfe angefordert hat, weil die eigene Personaldecke viel zu dünn ist, um noch mehr Mitarbeiter für die Corona-Ermittlungen abzustellen. "Von unseren 900 Beschäftigten sind derzeit rund 200 in irgendeiner Weise mit dem Thema Corona befasst", sagt Landrat Kai Seefried (CDU).
Trotz der Unterstützung durch die Truppe und anderer Behörden wie beispielsweise dem Finanzamt wird der Kampf gegen die Pandemie zusehends schwieriger: Bei bis zu 600 Neuinfektionen pro Tag hat der Landkreis seinen ursprünglichen Anspruch, alle positiv Getesteten binnen 24 Stunden zu kontaktieren, längst aufgegeben. Als im vergangenen Herbst abzusehen war, dass die vierte Corona-Welle anrollt, waren es gerade mal 50 bis 80 Infektionen, die täglich neu hinzukamen.
Angesichts dieser schieren Masse an Meldungen über positive PCR-Tests müssen die Soldaten und die anderen Kontaktermittler kapitulieren. Vorrangig würden diejenigen Fälle abgearbeitet, die der höchsten Priorität zuzuordnen sind, erläutert Gesundheitsamts-Leiterin Dr. Ilka Hedicke. Dazu zählen Personen aus den sogenannten vulnerablen Gruppen oder diejenigen, die mit diesen Gruppen engen Kontakt haben. Hier gehe es vor allem um die Bereiche Schule, Krankenhaus sowie Alten- und Pflegeheime. Hedicke räumt ein: Bei den anderen Fällen kommen wir nicht mehr hinterher." Sie verweist auf die Verordnung des Landes, wonach sich Personen nach einem positiven Testergebnis unverzüglich in Isolation zu begeben haben. Dafür sei keine Anordnung des Gesundheitsamtes erforderlich.
Die eingesetzten Soldaten des Fallschirmjägerregiments 31 aus Seedorf (Kreis Rotenburg) sind mittlerweile mehr als einen Monat dabei und legen bei der Kontaktnachverfolgung längst Routine an den Tag. Dennoch läuft dort nichts "08/15" ab: "Wenn es richtig gut klappt, dann schaffen wir bis zu 30 Telefonate an einem Tag", berichtet ein Stabsunteroffizier (Namensnennung sind seitens der Bundeswehr nicht erwünscht). Im Durchschnitt seien es täglich aber eher zehn Gespräche. Schwierig werde es immer bei Kontakten in einem größeren privaten Umfeld. "Jeden einzelnen abzutelefonieren kostet dann richtig Zeit." Fehlende Telefonnummern und veraltete Adressen würden zusätzlich Arbeit machen. "Da müssen wir dann erstmal hinterherrecherchieren."
Da auch die Meldungen der Labore inzwischen deutlich später beim Gesundheitsamt eingehen, verstreichen oft mehrere Tage, bis eine Person mit positivem Test kontaktiert wird, um eine Isolation anzuordnen. "Rund 50 Prozent der infizierten Personen, die wir anrufen, haben sich dann schon längst wieder freigetestet", berichtet der Soldat. Das macht deutlich, auf welch verlorenem Posten hier die Ermittler stehen: Zeitnahe Kontaktnachverfolgung sieht anders aus. So bleibt nur der Appell aus dem Stader Kreishaus an die Bürger, in Sachen Corona mehr Eigenverantwortung zu zeigen: Das heißt im Falle einer Infektion, eigenständig alle zu informieren, die mit denen man in engeren Kontakt stand, und das heißt auch, sich an die Regeln bei Isolation (die gilt für positiv Getestete) bzw. Quarantäne (die gilt für Kontaktpersonen) zu halten.
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