Langes Warten auf Behördentermin
Ukraine-Geflüchtete: Hürden für die Helfer

Second-Hand-Bekleidung in den gängigen Größen ist in den Kleiderkammern inzwischen Mangelware | Foto: Adobe Stock / Africa Studio
  • Second-Hand-Bekleidung in den gängigen Größen ist in den Kleiderkammern inzwischen Mangelware
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JOBS und KARRIERE

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(jd). Den von Krieg und Gewalt bedrohten Menschen aus der Ukraine helfen: Für viele Menschen in Deutschland eine Selbstverständlichkeit. Sie spenden nicht nur, sondern nehmen sogar Kriegsflüchtlinge bei sich auf. Doch es ist nicht damit getan, ihnen ein Bett sowie Essen und Trinken zu bieten. Zahlreiche Dinge sind zu erledigen. Welche Hindernisse sich dabei auftun, hat der Stader WOCHENBLATT-Redaktionsleiter Jörg Dammann in den vergangenen Tagen selbst erleben müssen. Hier sein Erfahrungsbericht:

"Die Bitte kam direkt von meiner guten Bekannten aus der Ukraine. Sie fragte an, ob ich mich um eine befreundete Frau mit 18-jähriger Tochter und sechsjährigem Sohn kümmern könne, die sich gerade auf den Weg nach Deutschland machen. Ich sagte selbstverständlich zu. Per WhatsApp nahm ich Kontakt auf - über den Umweg des Translators. Denn die Familie spricht nur Ukrainisch und Russisch. Nach drei Tagen Zugfahrt erreichten sie endlich Deutschland. Nachts um zwei standen drei völlig übermüdete Menschen auf dem Bahnsteig in Harburg. Ihr Gepäck bestand aus kleinen Rucksäcken und zwei Tragetaschen.

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Passende Größen sind alle weg

Entsprechend wenig Kleidung hatten sie dabei. So führte einer der ersten Wege zum DRK nach Stade. Bei der dortigen 'Macherei' gibt es Klamotten für kleines Geld. Doch gekauft haben wir nur eine Jacke. Die Mitarbeiter berichteten, in den gängigen Größen sei vieles vergriffen, Nachschub gebe es kaum noch, da viele Altkleider als Sachspenden direkt in die Ukraine oder in die osteuropäischen Aufnahmeländer gegangen seien. Bei anderen Kleiderkammern ein ähnliches Bild. Das, was unsere Schützlinge benötigen, etwa Schuhe für den Jungen - er hat nur warme Winterstiefel dabei -, ist komplett vergriffen.

Dass es vielleicht ganz sinnvoll sein könnte, nicht alle (Sach-)Spenden gen Osten zu schicken, hat zumindest der Diakonieverband erkannt. Dessen Spendenaufruf hatte das WOCHENBLATT Mitte März veröffentlicht. Darin hieß es: 'Man wolle für die im Landkreis Stade ankommenden Geflüchteten schnelle und pragmatische Hilfe in den Bereichen leisten, wo der Staat nicht einspringe.' Doch dazu, wie Betroffene Hilfe erhalten können, findet sich nichts. Auf der Homepage des Diakonieverbandes prangt zwar der Spendenaufruf in den ukrainischen Nationalfarben Blau-Gelb. Doch es fehlt jegliche Information, an wen sich Ukrainer wenden können, wenn sie Unterstützung benötigen.

Die Redaktion hatte auch Pressemitteilungen von Unternehmen erhalten, die Ukraine-Flüchtlingen mit Gratisaktionen unterstützen. Hier frage ich mich langsam, was ist ehrlich gemeint und was nur werbeträchtiges Getöse. Beispiel: SIM-Karten. Unter anderem bietet die Telekom Ukrainern Gratis-Karten für das Handy an. Ich rief beim Telekom-Shop in Stade an. Die patzige Auskunft: 'Gibt es bei uns nicht, sind nur in Hamburg zu bekommen - und dort nur an einer einzigen Ausgabestelle in Barmbek.' Bevor ich 'danke für nichts' sagen konnte, wurde der Telefonhörer bereits aufgeknallt.

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Langes Warten auf den Termin beim Landkreis

Von den Behörden würde ich am liebsten gar nicht erst anfangen, um meinen Blutdruck zu schonen. Damit die drei zeitnah Geld erhalten - sie hatten nur ein paar Dollar dabei - und krankenversichert sind, müssen sie beim Landkreis registriert sein. Doch einfach vorbeizukommen, ist nicht möglich. Per E-Mail muss um einen Termin ersucht werden. Das Anliegen werde schnellstmöglich bearbeitet, hieß es in der automatischen Antwortmail. Was der Landkreis unter 'schnellstmöglich' versteht, wird im nächsten Satz deutlich: 'Bitte sehen Sie von Nachfragen per E-Mail oder Telefon innerhalb der nächsten 14 Tage ab.'

Auf einen Termin beim Landkreis warten unsere drei Ukrainer noch immer. Als ich mich erdreistete, doch nachzufragen, trudelte tags darauf eine Pressemitteilung aus dem Kreishaus ein: Man arbeite mit Hochdruck an der Registrierung der Vertriebenen. Aber: 'Zwischen Terminwunsch und Termin liegen im Moment knapp drei Wochen.' Bis dahin gibt es auch kein Geld - bis auf die 100 Euro pro Kopf, die sie von der Gemeinde bar auf die Hand bekamen. Dass man mit diesem Betrag nicht lange hinkommt, muss ich wohl niemandem erklären. Ein Bekannter, der sich gleich um drei ukrainische Familien kümmert, berichtet, dass er nun schon seit zwei Wochen alles aus eigener Tasche zahlt, was die Geflüchteten u.a. an Lebensmitteln benötigen.

All das wird mich nicht davon abhalten, ukrainischen Flüchtlingen weiter zu helfen. Doch motivierend sind die bisherigen Erlebnisse nicht."

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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