Politik will Ausschlussfrist für homosexuelle Männer bei Blutspenden verkürzen
Wie gefährlich ist "schwules" Blut?

Die Nachfrage nach Blutkonserven ist groß. Daher fordert die Politik, bestimmte Personengruppen nicht unnötig von der Teilnahme an einer Blutspende auszuschließen  | Foto: DRK/Jörg Müller
  • Die Nachfrage nach Blutkonserven ist groß. Daher fordert die Politik, bestimmte Personengruppen nicht unnötig von der Teilnahme an einer Blutspende auszuschließen
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(jd). Rund 80 Prozent der Deutschen sind mindestens einmal in ihrem Leben auf eine Bluttransfusion angewiesen. Doch gerade mal drei Prozent der Bevölkerung gehen regelmäßig zur Blutspende. Besonders zur Ferienzeit treten in den Kliniken immer wieder Engpässe bei der Versorgung mit Blutkonserven auf. Umso wichtiger ist es nach Auffassung der Politik, den Kreis der Spender nicht unnötig einzuschränken. Der niedersächsische Landtag hat jetzt eine Entschließung verabschiedet, damit die zwölfmonatige Blutspende-Sperrfrist für homosexuelle Männer und transsexuelle Personen auf die für andere "Risikogruppen" üblichen vier Monate gesenkt wird. Der Blutspendedienst des Roten Kreuzes, der in der Region in Kooperation mit den DRK-Kreis- und Ortsvereinen die meisten Blutspendeaktionen ausrichtet, sieht sich an die bestehenden Regelungen gebunden. "Das bedeutet aber nicht, das wir jemanden wegen seiner sexuellen Orientierung ausgrenzen wollen", betont Pressesprecher Markus Baulke.

Im Landtags-Plenum war in der vorigen Woche von Diskriminierung und Homophobie die Rede. Stein des Anstoßes ist die sogenannte "Richtlinie Hämotherapie". Diese von der Bundesärztekammer im Auftrag der Bundesregierung erstellte Richtlinie enthält verbindliche Vorgaben zur Blutspende. So ist u.a. genau festgelegt, welche Personenkreise von einer Blutspende auszuschließen sind bzw. erst nach einer bestimmten Wartezeit Blut spenden dürfen. In der Regel gilt für die meisten Spender, bei denen von einer erhöhten Übertragungsgefahr von Viren und Keimen auszugehen ist, ein Blutspendeverbot von vier Monaten. Das bezieht sich auf medizinische Maßnahmen (z.B. Endoskopien oder Impfungen), Infektionen wie Grippe oder auch kosmetische Eingriffe (Tätowierungen, Piercings oder Ohrlöcher).

Eine Sperrfrist von zwölf Monaten verlangt die Richtlinie hingegen ausdrücklich für "Männer, die Sexualverkehr mit Männern haben (MSM)" und "transsexuelle Personen". Im Landtag waren sich die meisten Parteien (außer der AfD) darin einig: Diese längere Frist ist diskriminierend.

Die ausdrückliche Benennung beider Personenkreise als Gruppen "mit erhöhtem Übertragungsrisiko schwerer Infektionskrankheiten ist eine ungerechtfertigte Pauschalisierung", so die Begründung der von der FDP eingebrachten Entschließung. Beiden Gruppen werde ein "unreflektiertes und risikoreiches Sexualverhalten unterstellt".

Im Landtag war man sich quer durch die Fraktionen einig, dass die absolute Sicherheit für die Spendenempfänger zwar oberste Priorität habe. Dennoch sei es auch aus medizinischen Gründen nicht gerechtfertigt, eine Wartezeit zu verhängen, die über die üblichen vier Monate hinausgehe. Es gebe keine fachlichen Gründe dafür, dass homosexuelle Männer zwölf Monate auf Sex verzichten sollen, um Blut spenden zu dürfen, so die FDP-Politikerin Sylvia Bruns.
Auch nach Meinung der CDU-Abgeordneten Petra Joumaah ist der Ausschluss potenzieller Blutspender nur aufgrund einer medizinischen Bewertung zulässig: "Eine Beurteilung darf nicht aufgrund der sexuellen oder geschlechtlichen Identität erfolgen." Gesundheitsministerin Dr. Carola Reimann (SPD) will sich nun auf Bundesebene dafür einsetzen, die betreffenden Passagen aus der Richtlinie "diskriminierungsfrei" zu gestalten.

Gut mit der jetzigen Regelung kann hingegen der zentrale Blutspendedienst des DRK in Niedersachsen leben. Pressesprecher Baulke verweist darauf, dass auch neue, bisher unbekannte Erreger auftreten könnten. Daher habe sich "der Richtliniengeber mit Blick auf die Patientensicherheit dazu entschieden, in einigen Fällen eines Risikokontaktes die Wartezeit für die Blutspende auf zwölf Monate festzulegen." Das betreffe nun mal auch den Sexualverkehr unter Männern.

Den Vorwurf, die Richtlinie diskriminiere homosexuelle Männer, kann Baulke nicht nachvollziehen: "Rückstellungen von der Blutspende erfolgen nicht in Form stereotypischer Wertvorstellungen, wie es bei der Diskriminierung der Fall ist, sondern basieren auf medizinisch-wissenschaftlichen Studien." Es sei belegt, dass Sex unter Männern mit einem besonders hohen Übertragungsrisiko für Infektionen wie HIV einhergehe. Die rechtlichen Vorgaben dazu seien nun einmal bindend, so Baulke: "Uns liegt es fern, einzelne Personengruppen zu diskriminieren." 

Fast 13.800 Blutspender im Jahr 2019

Im Landkreis Stade gingen im vergangenen Jahr 13.769 Menschen zur Blutspende. Die Zahl der Blutspender ist in den vergangenen sechs Jahren weitgehend konstant geblieben und bewegte sich im Bereich zwischen 13.200 und 13.900. Davor gab es zum Teil deutlich mehr Personen, die Blut spenden wollten. So waren es 2011 sogar 15.900 Spendenwillige.

Auf konstantem Niveau bewegen sich auch die Blutspendetermine. In Zusammenarbeit mit den örtlichen DRK-Gruppen richtet der Blutspendedienst jährlich zwischen 130 und 145 Termine aus. Der Anteil der Erstspender lag in den vergangenen Jahren bei mehr als acht Prozent.

Im Jahr 2019 wurden im Kreis Stade 8,7 Prozent der Spendenwilligen nicht zu einer Spende zugelassen. Die Gründe für einen Ausschluss oder eine Zurückstellung nennt der Blutspendedienst nicht. "Eine differenzierte Auswertung können wir nicht zur Verfügung stellen", teilt der Pressesprecher Markus Baulke mit. Er weist darauf hin, dass das medizinische Fachpersonal und die Spendenärzte mit allen Vorgaben zum Umgang mit Risikogruppen vertraut seien. "Im Fall einer Rückstellung werden die notwendigen Gespräche sensibel und vertrauensvoll geführt."

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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