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metronom: Weitere Einschränkungen im Fahrplan geplant

Schultoiletten im Landkreis
Wenn der Gang zum Klo zur Mutprobe wird

Gebrauchsfähig, ja. Zeitgemäß, nein. Spuren von Jahrzehnten lassen sich nicht wegputzen | Foto: Franziska Barth
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  • Gebrauchsfähig, ja. Zeitgemäß, nein. Spuren von Jahrzehnten lassen sich nicht wegputzen
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„Urin auf dem Boden, eingetretene Türen, beschmierte Wände, ein Geruch, der kaum auszuhalten ist“ – so beschreibt ein Schüler anonym die Toiletten im Altbau der Schule Am Ilmer Barg in Winsen. Für viele klingt das nach einem Extremfall, für die Schüler ist es Alltag. Leon Strumberger, 14, Schülersprecher an der Schule, sagt: „Als ich kandidierte, kamen viele auf mich zu und baten mich, endlich etwas an der Toilettensituation zu ändern.“ Wände seien bekritzelt, Türen beschädigt, der Gestank ziehe bis auf den Flur.

Der Städtische Schülersprecher berichtet, er habe die Stadt mehrfach auf die Zustände aufmerksam gemacht, doch „passiert ist nichts“. Besonders ärgert ihn, dass trotz mehrerer Ferien nichts geschehen ist. „Die Ferien bieten sich perfekt für Sanierungen an. Dann müsste niemand auf den Toilettengang verzichten oder auf andere Räume ausweichen.“ Auch einfache Mittel fehlten, sagt er: „Toilettenbürsten gibt es weder im Altbau noch im Neubau. Wenn man will, dass wir die Toiletten sauber halten, sollte man uns auch die Mittel dafür geben.“

Stadt verweist auf Reinigung und Kontrollen

Bei der Stadt Winsen klingt das anders. Pressesprecher Theo Peters erklärt, die Toiletten seien „gebrauchsfähig“. Unterschiede gebe es je nach Alter der Gebäude und Umgang der Schüler. „Die Toiletten in den Schulen werden einmal täglich gereinigt. Im Zuge der Reinigung und bei den regelmäßigen Begehungen durch die Schulhausmeister werden die Anlagen auf hygienische und bauliche Mängel sowie auf Schäden kontrolliert.“ Probleme mit Vandalismus nähmen zu. „Verstopfte Waschbecken, abgetretene Türen, Brandschäden durch Zündeleien – das ist leider keine Seltenheit. Einsätze zur Schadensbeseitigung erfolgen mittlerweile fast täglich.“

Grundsanierungen seien vorgesehen, sagt Peters. Nach Arbeiten an der Hanseschule 2024 und der Alten Stadtschule soll auch die Schule Am Ilmer Barg 2027/28 folgen. Bis dahin laufen kleinere Instandhaltungen. „Separate Budgets für Schultoiletten gibt es im Haushalt nicht. Die Kosten werden aus der laufenden Bauunterhaltung finanziert.“

Landkreis Harburg ohne festen Sanierungsplan

Auch der Landkreis Harburg, Träger von 31 weiterführenden Schulen, kennt die Problematik. Pressesprecher Bernhard Frosdorfer schreibt: „Einen zeitlich festgelegten Sanierungsplan gibt es für Schultoiletten nicht. Ob Instandsetzungen nötig sind, beurteilt unsere Gebäudewirtschaft beispielsweise anhand vorhandener Beschädigungen.“ Da es zunehmend zu Vandalismus komme, plane der Landkreis vorsorglich Mittel im Haushalt ein und setze auf pädagogische Projekte wie am Gymnasium Winsen.

Landkreis Stade meldet gute Zustände

Im Landkreis Stade stellt sich die Lage anders dar. Pressesprecherin Nina Dede beschreibt den Zustand der Schultoiletten als „gut“. In den vergangenen Jahren seien regelmäßig Sanierungen erfolgt, etwa am Vincent-Lübeck-Gymnasium, an den Berufsbildenden Schulen und an der Albert-Schweitzer-Schule. „Keine Schule gilt derzeit als besonders sanierungsbedürftig“, so Dede. Auch dort sei Vandalismus jedoch ein Thema. „Nach einer Sanierung in der BBS Stade wurde in den neuen Sanitäranlagen randaliert und gezündelt.“

Saubere Toiletten als Gemeinschaftsaufgabe

Die Antworten zeigen, wie unterschiedlich die Ausgangslagen sind – und wie ähnlich die Probleme. Einerseits fragen sich Schulträger, ob sich Investitionen lohnen, wenn Toiletten kurz darauf wieder beschädigt werden. Andererseits wächst die Erkenntnis, dass gepflegte, moderne Räume Schüler zu anderem Verhalten anregen könnten. Viele Toiletten stammen aus Zeiten, die man ihnen ansieht und anriecht.

Wie Veränderung gelingen kann, zeigt das Gymnasium Winsen. Dort hat die Arbeitsgemeinschaft „Toffi-Club“ aus einer stinkenden Not eine preisgekrönte Tugend gemacht. Lehrerin Steffi Wille gründete die AG. Neun Schüler kümmern sich um sechs Toilettenanlagen für 1.200 Mitschüler, kontrollieren Sauberkeit, melden Schäden, starten Aktionen gegen Vandalismus und gestalten die Räume mit Mosaiken und Motiven. Für ihr Engagement erhielt die Gruppe beim Schultoilettengipfel in Berlin den Preis „Toiletten machen Schule“ – mit 10.000 Euro Sachmitteln und 4.000 Euro Preisgeld.

Ausblick

Vielleicht liegt darin ein Teil der Lösung. Wer Räume wertschätzt, zerstört sie seltener. Solange aber in vielen Schulen noch Kabinentüren klappern und Spuren der letzten Jahrzehnte zu sehen sind, bleibt der Gang zum Klo für viele Schüler eine Mutprobe.

Das WOCHENBLATT möchte wissen, wie es an anderen Schulen aussieht. Schüler können uns #+schreiben, wie der Zustand der Toiletten an ihrer Schule ist.

Leserbriefe bitte an red-buch@kreiszeitung.net.

Redakteur:

Anika Werner aus Winsen

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