Verfahren in Stade eingestellt
Attacke gegen Polizei: Ein Video entlastet

Die Polizei führt immer wieder Routinekontrollen durch. Bei einer Kontrolle durch zwei Beamte eskalierte die Situation (Symbolbild)    | Foto: Archiv/bim
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jd. Stade. "Das ist ein Fall, der sprachlos macht", schrieb das WOCHENBLATT im Januar 2019 und bezog sich dabei auf eine Pressemitteilung der Stader Polizei. Darin ging es um eine Attacke auf zwei Beamte während einer Verkehrskontrolle im Altländer Viertel in Stade. Der Vorfall erregte damals viel Aufmerksamkeit. Denn kurz danach kursierte davon ein Video in den sozialen Netzwerken - versehen mit Hasskommentaren gegen die Polizei. Jetzt hatten die damaligen Vorkommnisse ein Nachspiel vor Gericht. Das fiel denkbar kurz aus: Kaum war die Anklageschrift verlesen, schlug der Richter vor, das Verfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen. Auch das macht zunächst sprachlos - kündigten die Strafverfolgungsbehörden doch eine härtere Gangart gegen Täter an, die gewalttätig gegenüber Beamten sind. Doch die Sache ist gar nicht so eindeutig, wie sie die Polizei damals dargestellt hat.

Angeklagt waren drei Personen: ein 45-jähriger Mann, dessen Schwester (48) und ihr 24-jähriger Sohn - allesamt wohnhaft in Stade. Bruder und Schwester wurden mit ihrem Lieferwagen von einer Streife routinemäßig gestoppt. Sofort eskalierte die Situation. Es hagelte Hiebe, Tritte und wüste Beschimpfungen. Die beiden Polizisten setzten Pfefferspray ein und orderten Verstärkung. Am Ende saßen die Geschwister im Polizeiwagen. "Der inzwischen ebenfalls eingetroffene Sohn versuchte noch, die Frau aus dem Streifenwagen zu befreien, dies konnte aber durch die Polizeikräfte unterbunden werden", steht im Polizeibericht.

Die Staatsanwaltschaft listete nun zahlreiche Vergehen auf, darunter Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, gefährliche Körperverletzung und Beleidigung. "Amtsträger wurden tätlich angegangen und körperlich misshandelt", heißt es in der Anklageschrift. Auch die laut Anklage geäußerten Beleidigungen hatten es in sich. Es sollen Sätze wie "Ich fi.. dich, du Sau" und "Ich hau dir in die Fresse, du Wi.." gefallen sein. Die Frau soll einen Beamten als "Hurensohn", "SS-Mann" und "Nazi" tituliert haben.
Beim Strafmaß wäre eine ganze Menge zusammenkommen - wenn die drei Angeklagten denn verurteilt worden wären. Doch der Richter sah sich veranlasst, eine rechtliche Einschätzung abzugeben, ohne zuvor in die Beweisaufnahme zu gehen und die beiden als Zeugen geladenen Polizisten zu befragen.

Grund war besagtes Video, das kurz nach dem Vorfall im Internet kursierte und auch Polizei und Staatsanwaltschaft vorlag. Die von einem benachbarten Wohnhaus mit Handy aufgenommene Filmsequenz lässt nämlich einen anderen Blick auf das Geschehen zu. Man sieht darauf, dass zumindest auch einer der Polizisten nicht gerade zimperlich war und sofort Fußtritte sowie Fausthiebe austeilte.

Der Sachverhalt stelle sich nach dem Handyvideo anders dar als in der Anklageschrift geschildert, so der Richter. Er verwies darauf, dass er die zwei Polizisten vor einer Aussage wohl nach Paragraph 55 der Strafprozessordnung belehren müsse. Das bedeutet, diese hätten das Recht, die Aussage zu verweigern, weil sie sich sonst womöglich selbst belasten könnten. Jedenfalls gibt das Video Anlass zu Zweifeln, ob die Gewalt tatsächlich zuerst von den Angeklagten ausgegangen ist.

Diese hatten auch Anzeige gegen die beiden Polizisten erstattet. Das Verfahren war aber von der Staatsanwaltschaft Stade wegen eines "fehlenden Anfangsverdachts" sehr schnell eingestellt worden.
Dass die Ermittler das Verfahren gegen die beiden Polizisten trotz Kenntnis des Videos umgehend zu den Akten legten, stieß beim Verteidiger der Frau, dem Buxtehuder Anwalt Lars Zimmermann, auf scharfe Kritik: "Ich kann nicht verstehen, warum die Staatsanwaltschaft hier keinen Anfangsverdacht gesehen hat."

Juristisch ist unter den Vorfall jetzt ein Schlussstrich gezogen. Nicht nur die Angeklagten, auch die beiden beteiligten Polizisten dürften darüber froh sein. Wenn sich im Laufe der Verhandlung Tatvorwürfe gegen sie ergeben hätten, wäre möglicherweise ein neues Verfahren eröffnet worden.

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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