Kritiker beklagen zunehmende Verschlickung
Elbvertiefung: Hamburg verkündet offiziellen Abschluss des umstrittenen Projekts
(jd). Aus und vorbei mit der Buddelei: Die Elbvertiefung ist offiziell abgeschlossen. Das hat der Hamburger Senat Anfang der Woche verkündet. Damit hat ein Projekt sein Ende gefunden, das im Landkreis Stade seit jeher höchst umstritten war.
Als ein „Meilenstein für den Schiffsverkehr nach Hamburg“, bezeichnet Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann die jetzt für beendet erklärte Maßnahme, mit der im Juli 2019 begonnen wurde. Vorausgegangen war ein langjähriges juristisches Tauziehen zwischen der Hansestadt und Umweltverbänden, bis das Bundesverwaltungsgericht schließlich grünes Licht für das rund 800 Mio. Euro teure Vorhaben gab.
Mit der Vertiefung der Fahrrinne um bis zu 1,90 Meter können jetzt Schiffe mit einem Tiefgang bis zu 14,50 Meter die rund 130 Kilometer lange Niederelbe passieren. Damit sei gewährleistet, dass auch künftig die Containerriesen den Hafen der Elbmetropole ansteuern können, heißt es von der Hamburger Hafenwirtschaft. Die Elbvertiefung sei ein Schlüsselprojekt, um weiter in der „Weltliga der Häfen“ mitzuspielen, erklärte der Leiter der Hamburger Hafenbehörde, Jens Meier.
Der enorme (finanzielle) Aufwand wird sich nur gelohnt haben, wenn künftig tatsächlich mehr Schiffe Kurs auf die Hansestadt nehmen. Skeptisch zeigen sich hier die Umweltverbände: „Der Mehrwert der vermeintlich verbesserten Erreichbarkeit des Hamburger Hafens kann derweil von Senat und Hafenbehörde nicht einmal exakt bestimmt werden“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von BUND, WWF und NABU. Seit der inoffiziellen Freigabe der vertieften Fahrrinne im Mai 2021 hätten lediglich 1,8 Prozent der Schiffe, die den Hamburger Hafen angelaufen haben, die neue Tiefe benötigt.
Die drei in dem Aktionsbündnis „Lebendige Tideelbe“ zusammengeschlossenen Umweltorganisationen legen zudem den Finger in eine Wunde: „Die freigegebene Tiefe ist aufgrund der Verschlickung faktisch nicht vollständig nutzbar“, schreiben die Verbände. Tatsächlich ist die Verschlickung ein großes Problem – nicht nur für Hamburg, sondern entlang der gesamten Niederelbe – und damit auch im Landkreis Stade.
Denn als Folge der Vertiefung werden immer mehr Sedimente weit in die Elbe hinein und in deren Nebenflüsse wie Este, Lühe und Schwinge gespült. Dort können einige Sportboothäfen wegen des Schlicks kaum noch genutzt werden. Gefährdet sind aber auch maritime Betriebe, die auf den freien Zugang zur Elbe angewiesen sind. So wies Peter Hatecke, Geschäftsführer der Hatecke Werft auf Krautsand, schon vor anderthalb Jahren auf die zunehmende Verschlickung im Ruthenstrom – dem Standort seiner Werft – als Folge der Elbvertiefung hin. Der Unternehmer äußerte die Befürchtung, dass größere Schiffe seinen Betrieb bald nicht mehr ansteuern können.
Hamburg wendet schon jetzt 120 Millionen Euro pro Jahr auf, um Hafenbecken und Fahrrinne vom Schlick zu befreien. Doch dieser Schlick wird an der Landesgrenze in Höhe der Elbinsel Neßsand wieder in den Fluss gekippt – und dann mit der Strömung auch ans Ufer und in die Flussmündungen des Alten Landes getragen. Hamburg würde den gesamten Schlick gern weit draußen in der Nordsee verklappen, doch dafür fehlt die Genehmigung.
Der Schlick ist nur eine der negativen Auswirkungen, die die Elbvertiefung auf den Landkreis Stade hat: Es besteht auch die Gefahr, dass Sturmfluten aufgrund der größeren Fahrrinne und der stärkeren Fließgeschwindigkeit höher auflaufen und die Sicherheit der Deiche bedrohen. Außerdem wird die Artenvielfalt zunehmend gefährdet. Daher lautet das bittere Fazit der Umweltverbände: „Die Funktion der Tideelbe als natürlicher Lebensraum wird den Bedürfnissen des Hafens unterworfen.“
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