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Gesundheit
Den Dauerschmerz besiegen: Wie vier Frauen mithilfe einer neuen Therapie wieder Spaß am Leben haben

Auf dem Ergometer wärmen sich die Frauen vor dem Training auf (v.l.): Rosel Vannauer, Birgit Zerfowski und Jutta Ostheimer | Foto: Krankenhaus Winsen
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  • Auf dem Ergometer wärmen sich die Frauen vor dem Training auf (v.l.): Rosel Vannauer, Birgit Zerfowski und Jutta Ostheimer
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nw/nf. Winsen. „Und die Atmung nicht vergessen, bei jedem Ausatmen geht es ein Stück tiefer“, spornt Sportwissenschaftlerin Elisabeth Weissbach-Ruf vier Frauen im Alter von 57 bis 75 Jahren an. Im Gymnastikraum der Physiotherapie im Krankenhaus Winsen machen die Damen Dehnübungen mit Faszienrollen, beugen sich mit dem Oberkörper über das gestreckte Bein. Noch vor wenigen Wochen waren sie dauerschmerzgeplagte Patientinnen, die sich kaum noch bewegen mochten und denen kein Arzt mehr helfen konnte. So jedenfalls haben sie es oft genug zu hören bekommen. Dass es jetzt anders ist, dass sie aufleben, den Schmerz vergessen und oft genug sogar besiegen, dass sie neue Perspektiven haben und Spaß am Leben, ist das Ergebnis der Interdisziplinären Multimodalen Schmerztherapie, IMST.
Im Jahr 2017 hat Drs. Thomas Weinschenk damit begonnen, das fachübergreifende Behandlungsangebot im Krankenhaus Winsen aufzubauen. Seit 2019 ist Dr. Gabriele Heuschert mit an Bord. Beide sind Fachärzte für Anästhesie und Spezielle Schmerztherapie. Das Team der IMST Winsen hat schon 85 Patienten behandelt.
Das interdisziplinäre Therapiekonzept folgt der Erkenntnis, dass Schmerz und seine Entstehung ein multifaktorielles Geschehen ist. Knorpelabrieb an Knie oder Hüfte, Bandscheibenschäden oder ein verengter Wirbelkanal (Spinalkanalstenose), aber auch chronischer Kopfschmerz und Weichteilrheuma (Fibromyalgie) - das sind typische Diagnosen, mit denen sich Teilnehmer in der IMST Winsen vorstellen. Sie alle haben erfahren, dass Medikamente auf Dauer keine Lösung sind. Sie alle wissen inzwischen, dass es viele Faktoren gibt, die den Schmerz verstärken - zum Beispiel Stress und Überforderung, aber auch ungünstige Lebensumstände. Und sie ahnen, dass nicht der Schmerz es ist, der sie ausbremst. Sondern oft genug die Art, wie sie damit umgehen. Nämlich mit Rückzug und dem Gefühl, sich körperlich nichts mehr zutrauen zu können.
„Irgendetwas geht immer noch“, so Elisabeth Weissbach-Ruf, „und das ist meist erstaunlich viel.“ Behutsam leitet sie die Teilnehmerinnen an, ihre Grenzen zu erkunden und zu überwinden. Wo Blockaden sind, greift sie helfend ein, auch mal am Schlingentisch. Die Betreuung ist intensiv und individuell. Nach der „Turnstunde“ geht es ins Bewegungsbad. Die Frauen wirken aufgeräumt, die Stimmung ist fröhlich.
In die IMST des Krankenhauses Winsen kommen die Patienten über ihren Hausarzt, ihren Orthopäden, über Schmerzmediziner. Manche, die von dem Angebot gehört haben, melden sich auch selbst an. Ein multidisziplinäres Team prüft eingehend, ob den Patienten geholfen werden kann und ob sie die Motivation mitbringen, in der Therapie einen Ausstieg aus der Krankheit chronischer Schmerz zu suchen.
Ein dreiwöchiger stationärer Aufenthalt in Zweibettzimmern schließt sich an. Außer den Fachärzten mit dem Schwerpunkt Schmerztherapie und der Sportwissenschaftlerin kümmern sich Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Fachpflegerinnen für Schmerztherapie, die hier Pain Nurses genannt werden, und ein Psychologenteam engmaschig um die Patienten. In der Therapie wird an vielen Punkten angesetzt. Nicht nur die Bewegung und Sport, auch die Ernährung sowie Entspannungs- und Achtsamkeitstraining stehen auf dem Programm ebenso wie die Schulung der Körperwahrnehmung.
Durchgeführt wird die Behandlung in festen Gruppen von derzeit vier Teilnehmern. Einzel- und Gruppentherapie wechseln sich ab. Pluspunkt: Der IMST stehen jetzt neue, großzügige Räume abseits vom oft hektischen Krankenhausbetrieb zur Verfügung. Ein Gruppenraum ermöglicht Begegnung und Gespräche, zum Beispiel beim gemeinsamen Frühstück. Die Sprechzimmer der Ärzte und Therapeuten sind nur wenige Schritte entfernt. Bei seelischen Krisen - etwa, wenn plötzlich Tränen fließen - ist sofort ein Psychologe an der Seite der Patienten. Auch ein eigener Raum für Physiotherapie wird auf der neuen Station für Schmerztherapie gerade hergerichtet.
Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren der Therapie ist die Gruppendynamik: „Die Teilnehmer ziehen sich gegenseitig mit und ermutigen sich“, hat Dr. Heuschert beobachtet. Auch nach Beendigung der Krankenhauszeit kommen die Therapiegruppen weiterhin zweimal in der Woche im Krankenhaus zusammen, um zu trainieren. Für zu Hause haben sie vielfältige Anregungen für Bewegung mitbekommen, auch eine Tanz-CD ist darunter. „Unser Ziel ist, dass die Patienten keine Medikamente mehr nehmen müssen, um den Schmerz aus ihrem Leben zu verbannen“, erläutert Dr. Heuschert. Ein Ziel, das tatsächlich erreicht wird, wie diese vier Frauen dokumentieren:

Das sagen Patientinnen der Multimodalen Schmerztherapie
Jutta Ostheimer (71) aus Ohlendorf (Seevetal):
„Ich mache die Therapie, um eine Operation wegen Spinalkanalstenose (Verengung des Wirbelkanals) zu verhindert. Auch habe ich nach beidseitigem Kniegelenkersatz ein instabiles Gangbild, weil mir im Rumpf die Kraft fehlt. Tiefer Dauerschmerz, der sich vom unteren Rücken bis in die Fußsohle zog, ließ mich lange nicht mehr schlafen. Meine Stimmung war depressiv, auch wenn ich versuchte, das zu überspielen. Anfangs kam ich bei der Gymnastik nicht einmal mehr auf den Boden. Nun geht es. Und ich tanze wieder, wie in meiner Jugend. Ich liebe dieses leichte Schwingen und dazu singe ich lauthals, das tut mir gut. Ich bin richtig glücklich und mache wieder Pläne."

Birgit Zerfowski (70) aus Neugraben:
„Ein Leben lang habe ich Sport gemacht, aber dann kamen diese Schmerzen im Lendenwirbelbereich. Spritzen in den Wirbelkanal brachten nur kurzzeitig Erleichterung. Zum Schluss ging ich steif wie ein Roboter. Der Aufenthalt hier war nur positiv, es geht immer weiter bergauf. Ich will nun lernen, noch besser mit meinem Schmerz umzugehen und tiefer zu schlafen. Dazu mache neuerdings Meditation.“

Anne Greve (57) aus Hittfeld:
„Bevor ich herkam, hatte ich zwei Jahre lang keine einzige Nacht mehr durchgeschlafen. Meine ständigen Kopfschmerzen und mein nächtliches Zähneknirschen wurden auch durch eine psychosomatische Reha nicht besser. Nun hat meine Krankheit endlich einen Namen - Fibromyalgie. Meine Beschwerden werden hier nicht abgetan, sondern ernst genommen. Ich habe hier gelernt, dass wir uns selbst von unseren Schmerzen befreien müssen und das auch können. Erst seit ich bereit bin, zu hören, was mein Körper mir sagt, geht es mir besser."

Rosel Vannauer (75) aus Lüneburg:
„Ich habe zwei neue Hüften und zwei neue Knie bekommen. Doch trotzdem tut es weh. Die Ursache sind wohl verspannte Muskeln und Bänder. Aus einem bewegten Leben mit viel Sport, mit Walking und Wandern, kam ich in eine akute Schmerzsituation, die über Jahre anhielt. Ich war verzweifelt, wollte nie wieder zum Arzt gehen, nur noch Tabletten schlucken. Jetzt bin ich auf dem Weg der Besserung.“

Redakteur:

Tamara Westphal aus Buchholz

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