Stiftung Freilichtmuseum am Kiekeberg: Die Zeit nach dem 8. Mai
Landkreis Harburg: Weiterleben nach Kriegsende

Personenkontrolle durch britische Soldaten, nachgestellt beim Living History Event "1945. Ein Sommer im Frieden" im Freilichtmuseum am Kiekeberg | Foto: FLMK
  • Personenkontrolle durch britische Soldaten, nachgestellt beim Living History Event "1945. Ein Sommer im Frieden" im Freilichtmuseum am Kiekeberg
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(nw). Mai 1945: Der Zweite Weltkrieg ist vorüber, die Waffen schweigen nach sechs Jahren.
Dennoch ist die Unsicherheit sehr groß und der Frieden wirkt zerbrechlich. Millionen
Menschen sind in dieser Zeit in Deutschland unterwegs: Flüchtlinge und Vertriebene aus den
ehemaligen deutschen Ostgebieten, Heimkehrer (v.a. Wehrmachtssoldaten), ehemalige
Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene aus verschiedenen Ländern Europas, z.B. Polen,
Sowjetunion, Italien.
Im Freilichtmuseum am Kiekberg haben im vergangenen Jahr etwa 60 Darsteller der Gelebten Geschichte als Flüchtlinge, Heimkehrer, "Alteingesessene" und Briten das Leben im Sommer 1945 dargestellt, den ersten Sommer im Frieden. In diesem Jahr muss das Museum die für den 23./24. Mai geplante Veranstaltung leider absagen. Wegen der Corona-Pandemie sind Großveranstaltungen noch bis zum 31. August verboten. 

Damit sich die Leser des WOCHENBLATT einen Eindruck vom Leben nach dem Kriegsende im Landkreis Harburg machen können, hat das Freilichtmuseum am Kiekeberg Informationen zur Kapitulation und zum Alltag in der Region zum Nachlesen zusammengestellt: 

Verhandlungen um Einstellungen des Beschusses der Phoenix-Werke, die letztlich in derkampflosen Übergabe Hamburg mündeten


Am Sonntag, dem 29. April 1945 begaben sich drei Parlamentarier mit der Erlaubnis desHamburger Kampfkommandanten General Alwin Wolz an die Frontlinie, die zwischen
Vahrendorf und Ehestorf verlief. Sie erwirkten, dass der Beschuss der Phoenix-Werke in
Harburg eingestellt wurde. Dort befand sich ein Lazarett, in dem auch drei englische
Kriegsgefangene lagen.

Die drei Parlamentarier Hermann Burchard (Divisionsarzt aus Harburg), Albert Schäfer (Chefder Phoenix-Werke), Leutnant Otto von Laun (Dolmetscher und Sohn des Völkerrechtlers
Rudolf von Laun) gingen etwa zwei Kilometer entlang der heutigen B75 auf Höhe von Lürade
durch Niemandsland auf die englische Front zu. Sie wurden in den Befehlsstand der 5th
Queen’s Company nach Tötensen gebracht. Von dort ging es mit verbundenen Augen in den Landgasthof "Hoheluft" in Buchholz-Meilsen. In der Gaststätte wird noch heute an dieses
historische Ereignis erinnert.

Die Verhandlungen um die Einstellung des Beschusses der Phoenix-Werke ebneten den Wegfür die geheimen Gespräche zwischen Hamburger Vertretern und britischem Militär in den
nächsten Tagen. Am 2. Mai traf General Alwin Wolz in Begleitung von Major Peter Andrae und
Hauptmann Dr. Gerhard Link im Hauptquartier der 131. Infanteriebrigade in Klecken ein. Mit
Brigadegeneral John Michael Spurling konnte er nur über ein einziges Thema verhandeln:
Hamburgs bedingungslose Kapitulation. Davon erfuhr auch Hitlers Nachfolger, Großadmiral
Karl Dönitz. Obwohl er nicht in die Verhandlungen eingebunden war, stimmte er der

kampflosen Übergabe Hamburgs zu. Denn inzwischen hatten die Briten Lübeck und die US-Amerikaner Wismar eingenommen.

Noch am Abend des 2. Mai bereitete Alwin Wolz mit den Briten die Kapitulation vor. Amnächsten Morgen fuhr er ins Hauptquartier der Zweiten Britischen Armee nach Häcklingen bei
Lüneburg. Dort unterschrieb er die Kapitulationsurkunde. Unterdessen verbreitete der
Rundfunk seit den frühen Morgenstunden die Nachricht, dass die Briten am Nachmittag in
Hamburg einmarschieren werden. Zwischen 13 und 19 Uhr herrschte Ausgangssperre.
Am 3. Mai rollten die britischen Truppen in drei großen Marschsäulen aus Richtung
Buxtehude, Tötensen und Hittfeld ab 16 Uhr auf die Hamburger Innenstadt zu. Um 18.25 Uhr

übergab Alwin Wolz vor dem Rathaus die Stadt Hamburg an den britischen BrigadegeneralJohn Michael Spurling.

Die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg, die zumEnde der militärischen Feindseligkeiten der Alliierten gegen das nationalsozialistische
Deutsche Reich führte, wurde nach erfolglosen Verhandlungsversuchen der deutschen Seite
am 6. Mai in der Nacht zum 7. Mai 1945 im Obersten Hauptquartier der Alliierten
Expeditionsstreitkräfte in Reims unterzeichnet. Sie trat am 8. Mai um 23.01 Uhr in Kraft. Die
Kapitulationserklärung wurde aus protokollarischen Gründen in Berlin am 8./9. Mai 
wiederholt (die Kapitulationsurkunde ist auf den 8. Mai 1945 ausgestellt. Generalfeldmarschall Wilhelm
Keitel unterzeichnete die Urkunde jedoch erst in den ersten Morgenstunden des 9. Mai). Die vier Siegermächte übernahmen mit der Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945die oberste Regierungsgewalt in Deutschland.

Die Zeit nach dem 8. Mai

Im Sommer 1945 zogen sehr viele Menschen durch Europa. Für den Landkreis Harburg warenvor allem drei große Verteilungszentren für Flüchtlinge bedeutend: Hamburg, Schwerin und
Lüneburg. Von dort gelangten die Flüchtlinge in Zügen in kleinere Zentren, wie Winsen. Dort
angekommen verteilte man die Flüchtlinge auf die verschiedenen Dörfer. Sie mussten die
letzten 25 Kilometer nach Vahrendorf zu Fuß mit einem Handkarren oder mit
Pferdefuhrwerken bewältigen. Frei bewegen durften die Menschen sich in dieser Zeit nicht.
Wollte man von Dorf zu Dorf gehen, brauchte man Passierscheine. Ein Auto hatten allenfalls
Landärzte, selbst mit dem Fahrrad zu fahren, bedurfte einer Genehmigung.

Auf dem Land wardie Lebensmittelversorgung zwar besser als in der Stadt, dies betraf jedoch eher die
Einheimischen. Die Flüchtlinge waren auf Hilfe angewiesen. Durch die Lebensmittelknappheit
in den Städten entstand ein reger Schwarzmarkt. So kauften zum Beispiel ehemalige
italienische Zwangsarbeiter Schlachtvieh auf dem Land für etwas überhöhte Preise, um sie
dann in Hamburg und Geesthacht zu Wucherpreisen zu verkaufen.

Die Briten hattenbesonders in der unmittelbaren Nachkriegszeit wenig Interesse, Recht und Gesetz für die

Deutschen durchzusetzen. Es gab zwar eine Art Polizei, diese war jedoch unbewaffnet undmit einem sehr eingeschränkten Handlungsspielraum ausgestattet. So wurden Diebstähle,
Plünderungen und sogar Mord nur selten geahndet.

Die Fernkommunikation war ebenfallsstark eingeschränkt. Nachrichten drangen nur nach und nach durch, was oftmals zur raschen
Verbreitung von Gerüchten beitrug. So hieß es zum Beispiel am 25. Juni 1945 im Kreis
Winsen, die Engländer hätten Wehrmachtsverbände reaktiviert, um gemeinsam mit den
Deutschen gegen die anrückenden Russen vorzugehen.

Redakteur:

Anke Settekorn aus Jesteburg

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