Nach Hammer-Attacke in Freiburg: "Das Leben ist ein Horror"

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Prozess-Auftakt in Stade: Opfer weinte im Zeugenstand

tp. Freiburg/Stade. Ein menschlich schwieriger Fall beschäftigt die Große Strafkammer am Landgericht in Stade: Wegen versuchten Mordes aus Habgier und schweren Raubes muss sich ein Täter (30) verantworten, der, wie berichtet, im März eine Mutter (44) und ihre Tochter (damals 13) in Freiburg in ihrem Haus mit einem Hammer attackierte und schwere Kopfverletzungen zufügte.

Dem aus Elmshorn stammenden Angeklagten, der unter langjähriger Drogensucht leidet und psychisch krank ist, droht die dauerhafte Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie. Beim Prozessauftakt am Freitag bat er im Beisein seiner Rechtsanwältin Katrin Bartels aus Stade um Entschuldigung für die Tat, vor der er einen Drogen- und Medikamenten-Cocktail konsumiert habe.

Das Opfer lehnte ab: "Ich habe das Gefühl, Sie wollen sich vor Gericht nur profilieren." Sie schilderte ihre Todesangst während des Übergriffs und das seelische Martyrium, das sie und ihre Tochter danach durchleben: Der Alltag sei seitdem "der Horror". Die Zeugin, die nach eigenen Angaben auch körperlich leidet, appellierte an das Gericht, den Täter nicht zu schonen. Nach ihren Schilderungen habe er bei dem brutalen Blitzüberfall "wohlüberlegt" gehandelt.

Frühmorgens in den Osterferien überraschte der Mann die arbeitslose Zahnarzthelferin. Sie war gerade aufgestanden, um die Hunde vor das Haus zu lassen, als der Täter die Haustür einschlug und laut Anklage unvermittelt mit dem Hammer angriff. Mindestens 30 Mal habe er auf das um Hilfe schreiende Opfer eingeschlagen, etwa vier bis fünf Mal schwer getroffen, auch, als die bereits verletzt auf dem Boden lag. Der Angreifer habe keine Hemmungen gezeigt, "obwohl ich um Gnade flehte", gab das Opfer weinend im Zeugenstand zu Protokoll.

Ebenfalls durch Hammerschläge schwer verletzt wurde die Tochter. Zuvor musste sie die brutale Tat mit ansehen, bei der die Mutter blutende Platzwunden und ein Schädel-Hirn-Trauma davon trug. Erst als der ehemalige Lebensgefährte und Vater des Mädchens zur Hilfe eilte und ihm den Hammer abnahm, floh der Täter. Zunächst soll er sich weiter mit einem Spaten zur Wehr gesetzt haben. Auch der Vater wurde verletzt.

Die Familie lebt seitdem in Angst, hat das Haus mit Panzerglas und Überwachungskameras gesichert und sich nach Angaben der Mutter ihrerseits mit einem Hammer bewaffnet. Beinahe in jeder ihrer schlaflosen Nächte würde sie die brutale Attacke in Gedanken erneut durchleben.

Der Überfall war nicht der einzige Schicksalsschlag. Wenige Monate zuvor hatte die Familie ihr Haus durch einen Brand verloren. Auf dem Grundstück lagen noch Schuttberge. Mutter und Tochter sind in psychiatrischer Behandlung.

Der Angeklagte, der seit der Tat in einer psychiatrischen Einrichtung lebt, wurde in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Der in einen Anzug gekleidete frühere Betriebswirtschaftsstudent gab mit sanfter Stimme präzise Angaben zu den Tatvorwürfen, die er in weiten Teilen einräumte. Das von ihm bei der Polizeivernehmung genannte Tatmotiv, den Diebstahl zweier vor dem Haus parkender Autos könne er sich inzwischen nicht mehr erklären. Er revidierte die damalige Aussage "aus Habgier" gehandelt zu haben, und gab zu bedenken, er sei am Tattag hochgradig psychotisch gewesen. Er könne heute nicht mehr sagen, ob er die Autos haben wollte. Er habe im Affekt gehandelt, nachdem die Frau begonnen habe zu schreien. Seine anfängliche Wut sei sogleich der Angst gewichen, "als mir bewusst wurde, was ich da getan hatte".

Am Tatort sei er nur zufällig auf dem Weg zu seinem Großvater vorbeigekommen, für den er in Drochtersen einen Bus aus einer Werkstatt abholen wollte. Hinter ihm lag eine stundenlange Fußwanderung von Elmshorn zur Elbfähre nach Glückstadt/Wischhafen und eine Tour mit einem gestohlenen Rad. Vor der Tat habe er Heroin, die synthetische Droge Crystal Meth, drei bis vier Bier und ein Psychopharmakum konsumiert. Zusammen "erstmals in dieser Konzentration." Neben dem Hammer trug er in einem Rucksack eine Säge, eine Schaufel, eine Sturmhaube und eine dunkle Mütze bei sich.

Das Gericht muss nun klären, ob der Täter vermindert schuldfähig oder schuldunfähig ist. Um für diesen Fall eine Gefährdung für die Allgemeinheit zu vermeiden, kommt daher die dauerhafte Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt in Betracht. In dem auf mehrere Verhandlungstage anberaumten Prozess ist u.a. der psychiatrische Gutachter Dr. Harald Schmidt eingebunden.

• Bei der Prozessfortsetzung am Montag legte der Angeklagte ein Geständnis ab.

• Am Mittwoch, 28. September, 9.15 Uhr, erteilt ein Rechtsmediziner Auskunft zu den Verletzungen der Opfer.

Redakteur:

Thorsten Penz aus Stade

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