Achtung Setzzeit! Sorge um die Kitze

Karin Setter mahnt vor Rücksicht auf Rehkitze im Landschaftsschutzgebiet Schwingetal
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Von innen nach außen mähen rettet Wildtierleben / "Null Prozent Verlust werden wir nicht erreichen"

tp. Stade. Besorgt blickt Karin Setter (54) auf eine Wiese im Schwingetal in Stade. Nach ihrer Schilderung entkam in dem Landschaftsschutzgebiet ein Rehkitz kürzlich wohl nur knapp dem Tod durch eine Mähmaschine. Die Fälle wiederholen sich: Die erste Mahd von Grünland fällt in die Brut- und Setzzeit vieler Wildtiere, die im hohen Gras ihren Nachwuchs sicher wähnen.
Nach Karin Setters Beobachtung bearbeitete der Fahrer eines riesigen Kreiselmähers in rasantem Tempo eine Wiese im Schwingetal, wo sich zuvor eine Ricke mit einem Kitz aufhielt. Tierfreundin sah nur ein älteres Reh fliehen. Was blieb, war die Ungewissheit, ob das Kitz überlebte. Denn bis zum fünften Lebenstag verharren Reh-Junge bei Gefahr an Ort und Stelle. Erst im vergangenen Jahr sei ein Kitz auf einem Nachbarfeld durch eine Mähmaschine getötet und später beim Heuwenden entdeckt worden.
Auch zum Schutz der Hasen und Fasane appelliert Karin Setter an Landwirte und Lohnunternehmer - trotz des Zeitdrucks - zu mehr Umsicht. Sie sieht auch die Jagdpächter, die sich der Wildhege verschrieben haben, in der Pflicht.
Das Problem sei den verantwortlichen Organisationen bekannt, sagt der Vorsitzende der Jägerschaft des Landkreises Stade, Peter Heinsohn (66) aus Dollern.
Der Deutsche Jagdverband, der Bundesverband Lohnunternehmen, der Bundesverband der Maschinenringe und der Deutsche Bauernverband raten Landwirten, den Mähtermin mindestens 24 Stunden vorher mit dem Jagdpächter abzusprechen. Die Verbände empfehlen vor allem, das Feld mit dem Grünlandschnitt grundsätzlich von innen nach außen zu mähen. So haben Rehe, Feldhasen oder Fasane die Möglichkeit zur Flucht. Laut Heinsohn hat die Jägerschaft im Gespräch mit dem Geschäftsleiter des Maschinenrings Stade und in einem Rundschreiben auf die Methode aufmerksam gemacht.
Besondere Aufmerksamkeit lassen die Jäger den Rehkitzen zuteil werden: Möglichst am Abend vor der Mahd suchen die Jagdpächter in Absprache mit den Landwirten die Wiesen mit Jagdhunden ab. Die Vorsteherhunde orten die Kitze, die dann von Jägern in Sicherheit gebracht werden.
Weiter wird Vergrämung kostengünstig mit Knistertüten und Flatterbändern und Baustellenlampen durchgeführt.
Neu sind elektronische Wildretter. Bereits 300 sogenannte Kitz-Retter, die von den Erntemaschinen aus schrille Pfeiftöne aussenden, seien bereits bei Landwirten und Lohnunternehmen des Landkreises Stade im Einsatz, so Heinsohn. Die Geräte wurden auch im Landkreis Harburg eingeführt.
Vom Wildtierschutz profitiere auch die Landwirtschaft, ergänzt Hermann Knabbe (49), Obmann für Natur- und Landschaftsschutz der Jägerschaft des Landkreises Stade, aus Wiepenkathen: Die Verseuchung des Heus durch das Kadaver-Gift (Botulismus) reduziere sich erheblich.
Nach jahrelanger Forschung steht ein Projekt vor dem Durchbruch, bei dem Rehkitze mit Hilfe von Flugdrohnen erkannt und eine Warnung an den Bordcomputer des Treckers gesandt werden. Hersteller von Landtechnik sind dabei, erste noch teure Prototypen zur Marktreife zu bringen.
Trotz des Fortschritts sind sich Heinsohn und Knabbe einig: "Null Prozent Verlust werden wir wohl nie erreichen."

Redakteur:

Thorsten Penz aus Stade

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