Wird die Möglichkeit der Freistellung vom Präsenzunterricht verlängert?
Schule im Normalbetrieb: Wie viele Lehrer sind da?

Wenn nach den Sommerferien in den Schulen wieder Normalbetrieb herrschen soll, würde die bis Schuljahresende mögliche Befreiung vom Präsenzunterricht wegen Corona-Gefahren zu Problemen führen | Foto: Adobe StockSyda Productions
  • Wenn nach den Sommerferien in den Schulen wieder Normalbetrieb herrschen soll, würde die bis Schuljahresende mögliche Befreiung vom Präsenzunterricht wegen Corona-Gefahren zu Problemen führen
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(tk). Es ist der erklärte Wille der deutschen Bildungspolitiker, dass nach den Sommerferien der Regelbetrieb in den Schulen wieder startet. Sprich: normaler Präsenzunterricht statt Homeschooling. Ein Problem dabei: Wenn Lehrer wegen der Gefahr einer Ansteckung mit COVID-19 vom Unterrichten in der Schule befreit sind, kann regulärer Unterricht nur mit Einschränkungen stattfinden und die Kolleginnen und Kollegen, die weiterhin vor den Klassen stehen, müssen Mehrarbeit leisten. Zentrale Frage: Wird das Land die Möglichkeiten zur Freistellung ins kommende Schuljahr verlängern? Corona ist schließlich noch nicht vorbei.
Ein Schulleiter* aus der Region macht sich Sorgen: "Wenn 20 Prozent der Lehrer fehlen, wird es zu Unterrichtsausfall kommen und vor allem wird das Kollegium, das weiterhin in der Schule ist, weit stärker belastet."

Attest genügt derzeit

Das Freistellen von der Anwesenheitspflicht in den Schulen in Zeiten der Pandemie ist ein heikles Thema. Das WOCHENBLATT hat den Schulleitungen daher zugesichert, keine Namen und keine Schulen zu nennen. Denn: Selbst unter Lehrern ist die Möglichkeit, sich als Landesbedienstete ins Homeoffice versetzen zu lassen, umstritten. Eine Lehrerin*: "Das müsste dann auch für andere Berufe gelten." Polizisten können nicht mit Hinweis auf die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe oder - auch das kann bei Lehrern schon ausreichen - mit dem Verweis auf einen im Haushalt lebenden Angehörigen, der zur Risikogruppe gehört, auf ihren Streifendienst verzichten. Auch in Kita und Krippe haben die Mitarbeiter diese Möglichkeit nicht.
Das WOCHENBLATT hat bei der Landesschulbehörde in Lüneburg nachgefragt. Sie ist für die Landkreise Stade und Harburg zuständig.

Aktuelle Zahlen, wie viele Pädagogen wegen Corona vom Präsenzunterricht befreit sind, gibt es nicht. Zu Beginn der Pandemie gab es eine Erhebung, die nicht mehr aktuell ist.
Die Rechtslage in Niedersachsen: Gehört ein Lehrer zur Risikogruppe, darunter fallen Krebserkrankungen, Atemwegskrankheiten, Diabetes sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ist er nach Vorlage eines Attests vom Präsenzuntericht freigestellt. Gehört ein Familienmitglied zu den Risikogruppen, kann die Freistellung durch die Schulleitung erfolgen.

Aktuelle Zahlen gibt es nicht

In einer Erhebung hat "Spiegel online" festgestellt, dass die Zahl der zurzeit krankgeschriebenen bzw. vom Präsenzunterricht freigestellten Lehrer - darunter sind auch Langzeiterkrankungen, die nichts mit Corona zu tun haben - bundesweit zwischen zehn und 20 Prozent liegt. Für Niedersachsen gibt es aktuell allerdings keine Zahlen.

Offenbar gibt es von Schule zu Schule gravierende Unterschiede, wie viele Pädagogen von den Corona-Ausnahmen Gebrauch machen. Ein Schulleiter*, der sagt, dass man für die Sorgen Verständnis aufbringen müsse, hat nur zwei Corona-bedingte Ausfälle. Ein anderer Schulleiter* geht davon aus, dass einige längerfristige Krankschreibungen faktisch mit der Angst vor Corona zu tun haben, der vom Arzt genannte Grund aber ein anderer sei. Mehrere Schulleitungen* kritisieren, dass es eine zu laxe Praxis bei Krankschreibungen gebe. "Da wünschte ich mir schon, dass mal genauer hingeschaut wird", so ein Schulleiter.

Eine andere Schulleitung* aus dem Landkreis Harburg sieht das größte Problem darin, dass eine solide Planung angesichts der Corona-Krise schwierig sei. Man habe die Stundenpläne für das kommende Schuljahr vorbereitet, wisse aber nicht, welche Lehrer tatsächlich für den Präsenzunterricht zur Verfügung stehen. "Wir haben es mit persönlichen Befindlichkeiten und Ängsten zu tun, die nicht planbar sind", sagt die Schulleitung. Derzeit seien 15 Prozent des Kollegiums im Homeoffice, einige Lehrer kehrten schrittweise in den Präsenzunterricht an der Schule zurück. Um für alle Fälle gewappnet zu sein, optimiere man weiter das digitale Lernen.
* Namen sind der Redaktion bekannt

Das sagt das Kultusministerium: (tk). Das sagt das Kultusministerium: Eine eindeutige Antwort, ob nach den Sommerferien weiterhin die Freistellung vom Präsenzunterricht in der bisherigen Form (Attest vom Arzt) möglich sein wird, könne derzeit nicht gegeben werden. Das Ziel sei es, im neuen Schuljahr zum Regelbetrieb zurückzukehren - wenn es das Infektionsgeschehen zulasse. Geplant werde auf Basis der Normalität, wobei auch andere Szenarien entwickelt werden. Etwa ein Schulbetrieb mit Präsenztagen und Lernen zu Hause bis hin zu erneuten Schulschließungen, wenn eine zweite Infektionswelle rolle. Die Ergebnisse der Überlegungen sollen noch vor den Sommerferien vorgestellt werden.

Es gehe aber auch darum, wie Risikogruppen geschützt werden können. Konzepte dazu werden kontinuierlich überprüft. Vier und anschließend noch einmal zwei Wochen vor Schulbeginn werden alle Überlegungen zum Neustart nach den Sommerferien noch einmal überprüft und wenn erforderlich überarbeitet werden.

Aktuelle Zahlen zu Corona-bedingter Freistellung liegen derzeit nicht vor. Eine Abfrage der Zahlen Anfang Mai habe eine Quote von rund 20 Prozent ergeben. Pressesprecher Ulrich Schubert weist ausdrücklich darauf hin - wie auch die GEW-Vertreterin -, dass Lehrer im Homeoffice arbeiten.

Redakteur:

Tom Kreib aus Buxtehude

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