Landkreis-Behörde erweist sich als "Augiasstall"
Inakzeptable Zustände in der Stader Führerscheinstelle : Dezernentin will gründlich aufräumen

Nicole Streitz in der Führerscheinstelle. Die einzelnen Vorgänge wurden jetzt anhand von farbigen Klemmbrettern sortiert. Die Klemmbretter sind aus dem Impfzentrum übriggeblieben | Foto: K. Rohleder / LK Stade
  • Nicole Streitz in der Führerscheinstelle. Die einzelnen Vorgänge wurden jetzt anhand von farbigen Klemmbrettern sortiert. Die Klemmbretter sind aus dem Impfzentrum übriggeblieben
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jd. Stade. "Fahrprüfung bestanden, aber kein Führerschein: Fahrschulen üben Kritik am Landkreis Stade", "Kritik an Mega-Wartezeiten in der Führerscheinstelle", "Ärger in der Stader Führerscheinstelle reißt nicht ab": So titelte das WOCHENBLATT bereits vor einem Jahr. In mehreren Artikeln wurden die massiven Probleme in der Führerscheinstelle des Landkreises thematisiert. Damals wiegelte Nicole Streitz, Ordnungs-Dezernentin und Vorgesetzte sämtlicher Dienststellen des Straßenverkehrsamtes, ab. Im Oktober 2020 erklärte sie noch, alles laufe normal. Mittlerweile ist wohl bei Streitz die Erkenntnis herangereift, dass Beschwichtigen nichts mehr nützt. Nachdem das WOCHENBLATT im September erneut die Missstände in der Führersteinstelle kritisiert hatte, will Streitz das Thema nach eigenen Worten "transparent und offensiv" angehen.

"Alles wird besser": So lautet die Botschaft der Dezernentin in Sachen Führerscheinstelle. Wobei sie im nächsten Halbsatz gleich einschränkt: "Aber leider nicht sofort." Streitz machte unmissverständlich klar: Es gibt so viel abzuarbeiten, dass es schon einige Zeit dauern wird, bis in dieser Behörde alles wieder im Lot ist und fünfmonatige Wartezeiten der Vergangenheit angehören. Streitz' Credo lautet dabei: Weg vom Behördendenken, hin zu mehr Bürgerservice.

Welche Einstellung bisher in der Führerscheinstelle herrschte, macht Streitz an einem Beispiel deutlich: Ein Mitarbeiter, der gekündigt hatte, hinterließ zwar einen aufgeräumten Schreibtisch. Aber nicht, weil er pflichtbewusst bis zu seinem letzten Arbeitstag alle Führerschein-Anträge bearbeitet hatte. Er "entsorgte" die unerledigten Aktenstapel einfach im Schrank, was erst Tage später bemerkt wurde. Dieser Schlendrian deckt sich mit den Erfahrungen, die zahlreiche Bürger nach den Leseraufrufen im WOCHENBLATT in ihren Mails geschildert haben. Warum Streitz diesen Berichten vor einem Jahr keinen Glauben schenken wollte, bleibt ihr Geheimnis.

So will der Kreis Stade Probleme in der Führerscheinstelle lösen

So bleibt auch die Frage unbeantwortet, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Haben Streitz und auch der Leiter des Straßenverkehrsamtes die Führerscheinstelle trotz der Hinweise aus der Bevölkerung nicht im Blick gehabt? Dass Streitz jetzt zielorientiert nach vorn blickt und den "Augiasstall" gründlich ausmisten will, ist anzuerkennen - aber auch die Aufarbeitung muss irgendwann erfolgen. Die Dezernentin erklärt, erst in diesem Sommer etwas von dem Führschein-Chaos mitbekommen zu haben. Nach und nach wurde dann wohl das ganze Elend offensichtlich: Aktenberge auf den Schreibtischen, häufig krankgeschriebene Mitarbeiter und eine offensichtliche Führungsschwäche bei der zuständigen Abteilungsleitung. "Die guten Leute sind alle weg", erklärte jüngst ein Insider gegenüber dem WOCHENBLATT.

Dass die Führerscheinstelle tatsächlich mit gravierenden Personalproblemen zu kämpfen hat, ist Fakt. "Ab Mitte September hatten wir noch zwei Kräfte aus dem Stammpersonal - bei einer Sollstärke von neun Mitarbeitern", sagt Streitz. Sie selbst sprang in die Bresche und bezog vor Ort einen Schreibtisch in der Führerscheinstelle, wobei sie ihre Mitarbeiterin aus dem Vorzimmer gleich mitnahm. "Ich habe mich durch rund 100 unbearbeitete Posteingänge gewühlt", berichtet die Dezernentin.

Streitz wird jetzt wieder in ihr Büro im Kreishaus zurückkehren. Denn seit Anfang vergangener Woche sind immerhin wieder fünf der neun Stellen besetzt. Außerdem gibt es drei Neueinstellungen: Mitarbeiter, die sich im inzwischen aufgelösten Impfzentrum als kompetente Kräfte erwiesen haben, werden die Führerscheinstelle personell verstärken. "Das reicht aber längst nicht aus, um all das aufzuholen, was liegengeblieben ist", meint Streitz. Daher soll die Führerschein-Abteilung zumindest befristet auf 16 Mitarbeiter aufgestockt werden. Bis die gefunden sind, soll zwischenzeitlich Personal aus anderen Dienststellen des Kreishauses zum Einsatz kommen.

Dass sich nicht nur mit zusätzlicher "Manpower" Abhilfe in Sachen Führerschein-Chaos schaffen lässt, weiß auch Streitz. Sie will dort den erwähnten Servicegedanken fest verankern: Dazu gehört, ein drittes Ausgabefenster einzurichten und die bisher nur telefonisch mögliche Terminbuchung für das Abholen von Führerscheinen auf online umzustellen. "Auch der unsägliche Kassenautomat, zu dem bisher alle Bürger ein Stockwerk tiefer laufen mussten, um die Bearbeitungsgebühren zu bezahlen, muss weg", meint die Dezernentin.

Ein einfaches Bezahlterminal für die Girocard, wie es das in jedem Laden gebe, sei doch viel zweckmäßiger und schneller. Außerdem soll das Personal gezielter eingesetzt werden: Ein Teil übernimmt am Schalter den Kundenkontakt, während die anderen reine Bürotätigkeiten erledigen.

Streitz zeigt sich optimistisch: "Allein durch solche Maßnahmen sollte es gelingen, die Zahl der Termine zu verdoppeln."

Fahrprüfung bestanden, aber kein Führerschein
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Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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