Energiewende-Wahnsinn: Warum Biogas sinnlos abgefackelt werden musste
Zu viel Windstrom im Netz: Acht Biogasanlagen im Kreis Stade abgeschaltet

So kann die Energiewende nicht klappen: Biogasanlagen müssen abgeschaltet werden, weil zu viel Windstrom ins Netz eingespeist wurde | Foto: Adobe Stock/DOC_RABE_Media
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(jd/sc). Alle reden von der Klimawende. Politiker breiten große Visionen von einer nachhaltigen Energieerzeugung aus. Und dann passiert das: Biogas muss abgefackelt werden, weil zeitweise das Stromnetz überlastet ist. Das überwiegend aus Mais gewonnene und per EEG-Umlage von den Verbrauchern subventionierte Biogas wird zur Erzeugung von Strom und Wärme verwendet. Da es aber zu einigen Zeiten eine Stromüberproduktion gab, wurden die Verbrennungsmotoren in den Blockheizkraftwerken (BHKW) einiger Biogasanlagen in der Region einfach gestoppt - per Fernschaltung von den Stromnetzbetreibern. Der Grund für die Abschaltung lässt Zweifel am Projekt Energiewende aufkommen: Die Biogasanlagen mussten vom Netz, weil zu viel Windstrom die Leitungen überlastet hat.

Viele Betreiber von Biogasanlagen fungieren als Stromversorger für die Nachbarschaft und beliefern die Haushalte in der Umgebung zusätzlich mit der Abwärme, die bei der Verstromung des Gases entsteht. Doch damit war während der Zwangsabschaltung Schluss. Für zwei Biogasanlagenbetreiber aus der Samtgemeinde Harsefeld bedeutete der unfreiwillige Stopp der Motoren, dass sie ihre Kunden nicht mehr mit Wärme versorgen konnten. "Wir beliefern neben den Gebäuden auf unserem Hof 27 Häuser im Dorf mit Wärme", berichtet das Landwirts-Ehepaar Jan und Kristin Dammann aus Issendorf. Damit die Heizungen nicht kalt bleiben, stehen Notfall-Brenner bereit, die mit fossilen Brennstoffen befeuert werden.

Während also das Biogas aufgrund der Zwangsabschaltung und mangels ausreichender Lagerkapazitäten abgefackelt werden muss, wird zeitgleich Erdgas oder Heizöl verbrannt. Eine totale Ressourcen-Verschwendung, finden die Dammanns. Sie sind sich mit anderen Biogasanlagen-Betreibern in der Region darin einig, dass hier dringend etwas passieren muss.

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Auf Spurensuche bei den Netzbetreibern

Auch Oliver Holtermann ist genervt. Das BHKW des Harsefelder Landwirtes wurde ebenfalls per Fernschaltung heruntergefahren. Die Biogasanlage selbst kann aufgrund der biologischen Gärprozesse und der eingesetzten Bakterien nicht einfach ein- und ausgeschaltet, sondern allenfalls allmählich in seiner Leistung gedrosselt werden. Zwar verfügt Holtermann ebenso wie die Dammanns über einen größeren Gasspeicher, doch irgendwann ist auch dieser voll. So blieb auch ihm nichts anderes übrig, als mit dem Gas sinnlos die Fackel zu befeuern.

Doch wieso kommt es zu solchen Abschaltungen? Das WOCHENBLATT hakte bei den zuständigen Stromversorgern und Netzbetreibern anhand eines Vorfalls aus den vergangenen Tagen nach, bei dem acht Biogasanlagen sowie Windparks und Solaranlagen im Landkreis Stade mehr als einen Tag lang vom Netz genommen worden sind. Laut Auskunft des regionalen Stromversorgers EWE musste die Abschaltung "auf Anforderung des vorgelagerten Netzbetreibers" vorgenommen werden.

Dieser "vorgelagerte" Netzbetreiber ist Avacon. Das Unternehmen ist in mehreren norddeutschen Regionen für das sogenannte Verteilnetz zuständig. Das ist das Stromnetz, das zwischen dem vom Stromkonzern Tennet betriebenen Höchstspannungsnetz ("Stromautobahnen") und dem Versorgungsnetz der EWE angeordnet ist. Verbunden sind diese Netzebenen durch Umspannwerke, die die Netzspannung auf die jeweils niedrigere Ebene herunterdrosseln. Die WOCHENBLATT-Nachfrage bei Avacon ergab wiederum, dass man dort für den fraglichen Zeitpunkt von Tennet, das sozusagen an der Spitze dieser "Stromhierarchie" steht, die Anweisung erhielt, die Einspeiseleistung im Bereich des Umspannwerks Dollern zu reduzieren - mit der Begründung das Tennet-Netz sei überlastet.

Die Recherche führte daher weiter zu Tennet, das endlich Aufklärung darüber brachte, warum die Biogasanlagen abgeschaltet werden mussten. Der Grund macht einen sprachlos: "Wir haben in diesem Zeitraum durch eine hohe Windeinspeisung eine Überlastung auf einer unserer Leitungen registriert", erklärte Tennet-Sprecherin Ina-Isabelle Haffke.

Das heißt im Klartext: Weil zu viel Windstrom erzeugt wurde, musste Biogas sinnlos verbrannt werden. Wenn so Nachhaltigkeit bei der Energieerzeugung funktioniert, darf sich niemand mehr wundern, dass gesteckte Klimaziele nicht erreicht werden. Für Tennet liegt das Grundproblem auf der Hand: der schleppende Netzausbau. "Um die Klimaziele bis 2045 zu erreichen, benötigen wir dringend eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren", sagt Haffke.
• Woran hakt es beim Netzausbau? Mehr zu diesem Thema lesen Sie in einer der kommenden WOCHENBLATT-Ausgaben.

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Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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