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Über die Folgen der Corona-Krise und deren erfolgreiche Bewältigung
WOCHENBLATT-Interview mit Bernd Althusmann, Rainer Rempe und Norbert Böttcher zur finanziellen Sicherheit von Krankenhäuser

Vor dem Neubautrakt des Krankenhauses Buchholz: (v.l.) Landrat Rainer Rempe, Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, Geschäftsführer Norbert Böttcher | Foto: Krankenhäuser Buchholz und Winsen
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  • Vor dem Neubautrakt des Krankenhauses Buchholz: (v.l.) Landrat Rainer Rempe, Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, Geschäftsführer Norbert Böttcher
  • Foto: Krankenhäuser Buchholz und Winsen
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(nw). Die Corona-Krise hat die Wirtschaft des Landes und auch die Krankenhäuser in eine finanzielle Schieflage gebracht. Wie sind die Perspektiven für das laufende Jahr? Welche Bedeutung kommt den Krankenhäusern beim wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes zu? Und welche Maßnahmen sind notwendig, um den Bestand der Krankenhäuser langfristig zu sichern? Darüber sprach das WOCHENBLATT mit Bernd Althusmann, niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung sowie stellvertretender Ministerpräsident, Rainer Rempe, Landrat des Landkreises Harburg, und Norbert Böttcher, Geschäftsführer der Krankenhäuser Buchholz und Winsen.
WOCHENBLATT: Für das Land Niedersachsen bedeutet die Pandemie eine große finanzielle Belastung. Bisher wurden erhebliche Mittel für die Bewältigung der Corona-Krise ausgegeben. Wo setzen Sie, Herr Althusmann, die Schwerpunkte?
Bernd Althusmann: Das Land Niedersachsen wird bis Ende 2021 zur Bewältigung der Corona-Pandemie in beiden Krisenjahren rund fünf Milliarden Euro durch die NBank an Betriebe im Land auszahlen. Mir ist wichtig, dass wir dabei besonders hart getroffenen Branchen schnell unter die Arme greifen, gleichzeitig aber Investitionsanreize für unsere Wirtschaft setzen.
WOCHENBLATT: Auch die Krankenhäuser Buchholz und Winsen haben unter der Krise gelitten. Wie beurteilen Sie, Herr Böttcher, die aktuelle Situation?
Norbert Böttcher: Die Pandemie hat in den Krankenhäusern vieles durcheinandergebracht. So hängen die Krankenhäuser in Niedersachsen bei ihren Budgetverhandlungen mit den Krankenkassen zwei Jahre hinterher. Unsere Häuser haben sich mit als Erste in Niedersachsen rückwirkend für 2020 mit den Kassen verständigt. Das gibt uns das, was wir brauchen, nämlich finanzielle Sicherheit. Da die Gelder aber erst in den Folgejahren fließen, werden wir noch mehrere Jahre erhebliche Liquiditätsprobleme haben. Insgesamt hat die Pandemie die Systemrelevanz unserer Krankenhäuser unter Beweis gestellt, darauf sind wir stolz. Wir verdanken das unseren 2.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Großartiges geleistet haben.
WOCHENBLATT: Herr Rempe, Sie sind Vorsitzender des Aufsichtsrats der Krankenhäuser Buchholz und Winsen. Können die Kreisbewohner weiterhin davon ausgehen, dass die Krankenhausversorgung vor Ort sichergestellt ist?
Rempe: Ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, dass die Standorte unserer Krankenhäuser in Buchholz und Winsen weiter gestärkt und ausgebaut werden. Ebenso wichtig ist es uns, dass die Krankenhäuser in kommunaler Hand bleiben. Die Corona-Krise hat uns noch einmal vor Augen geführt, wie wichtig eine qualitativ hochwertige und leistungsfähige Gesundheitsinfrastruktur vor Ort ist und welche Bedeutung eine zuverlässige, schnelle und reibungslose Kooperation mit kurzen Wegen und verlässlichen Ansprechpartnern im Bereich der Gesundheitsversorgung hat.
WOCHENBLATT: Sie, Herr Rempe, sind Vorsitzender des Gesundheitsausschusses des Niedersächsischen Landkreistages, Mitglied des Krankenhaus-Planungsausschusses des Landes Niedersachsen und Vorstandsmitglied der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft. Wie wollen Sie die Förderung der Krankenhäuser vor Ort vorantreiben?
Rempe: Indem ich mich in den genannten Gremien dafür einsetze. Entscheidend ist auch, dass wir Sorge dafür tragen, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Diese Herausforderung wird in der Zukunft noch größer werden, umso wichtiger ist es unter anderem, attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen. Neben einer guten Personalausstattung gehören dazu auch Rahmenbedingungen wie das Vorhandensein von Mitarbeiterparkplätzen.
WOCHENBLATT: Wie soll es weitergehen nach Corona?
Althusmann: Corona hat uns auf schmerzhafte Weise gezeigt, wo es am Standort Deutschland hakt. Die Bundesregierung geht für dieses Jahr von einem Wirtschaftswachstum von mindestens 3,5 bis möglicherweise sogar vier Prozent aus. Wir haben also eine realistische Chance, gestärkt aus der Pandemie herauszukommen und uns krisenfest aufzustellen. Dafür müssen wir uns endlich von überflüssiger Bürokratie trennen, die manche Entscheidung der zurückliegenden 15 Monate unnötig verzögert hat und schon vor der Krise eine massive Belastung der Wirtschaft mitten im Strukturwandel war. Wir müssen konsequent in Innovationen investieren und ein wirtschaftliches Klima schaffen, das zu Investitionen und mutigem Unternehmertum anreizt.
WOCHENBLATT: Und was bedeutet das für den medizinischen Bereich?
Althusmann: Die genannten Maßnahmen würden sich auch positiv auf unser Ziel einer modernen und wohnortnahen medizinischen Versorgung in ganz Niedersachsen auswirken. Wir wollen besser ausgestattete und leistungsfähigere Krankenhäuser, um die Versorgungsqualität und Effizienz für die Patienten zu erhöhen. Das setzt eine bedarfsgerechtere Krankenhausplanung und die Konzentration spezieller Versorgungsleistungen voraus.
WOCHENBLATT: Historisch bedingt gibt es im Landkreis Harburg zwei Krankenhäuser. Und das in einer Zeit, in der die Tendenz zu Zentralkrankenhäusern geht und im Nachbarkreis aus zwei kleinen Häusern ein großes Krankenhaus an neuem Standort gemacht werden soll. Wie sind die Perspektiven für Buchholz und Winsen?
Rempe: Der Landkreis Harburg ist von der Fläche halb so groß wie das Saarland und hat zwei Akutkrankenhäuser. Und die geplanten Zentralkrankenhäuser sind nur unwesentlich größer als unser Krankenhaus Buchholz. Durch die digitale Vernetzung haben wir die Krankenhäuser Buchholz und Winsen so miteinander verbunden, dass sie wie ein Krankenhaus an zwei Standorten funktionieren. Das so entstandene digitale Großklinikum ist mit Hamburger Häusern durchaus vergleichbar.
WOCHENBLATT: Stichwort Innovation und Digitalisierung: Wie können Krankenhäuser zukunftsfähig gemacht werden?
Althusmann: Eine Grundvoraussetzung zukunftsfähiger Krankenhäuser ist die zuverlässige Breitbandversorgung. Moderne digitale Anwendungen, Telemedizin, die Vernetzung einzelner Klinikstandorte und Krankenhäuser sind heute unerlässlicher Bestandteil der medizinischen Versorgung. Hier arbeiten wir hart daran, Niedersachsens digitale Infrastruktur voranzubringen. Bis 2025 soll das ganze Land gigabitfähig ausgebaut sein. Bei der Neuausrichtung der Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser braucht es eine Gesamtstrategie und klare Vorgaben für den Einsatz und die Vergabe von Mitteln für die Digitalisierung.
WOCHENBLATT: Hinsichtlich der Investitionsfinanzierung hat der Landkreis den Krankenhäusern Buchholz und Winsen immer wieder großzügig geholfen …
Rempe: Wir setzen uns auf Landesebene dafür ein, dass die Mittel für Investitionen in die Krankenhäuser weiter aufgestockt werden. Der Bedarf ist ohne Zweifel größer als die zur Verfügung stehenden Summen. Wir als Landkreis Harburg stehen aber klar zu unserer Verantwortung und haben unsere Krankenhäuser im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten deswegen immer wieder unterstützt.
WOCHENBLATT: Zum Teil handelte es sich um Mittel in Millionenhöhe …
Rempe: Diese Entscheidungen sind im Kreistag bislang immer partei- und fraktionsübergreifend getragen worden, denn allen ist die Bedeutung der Krankenhäuser Buchholz und Winsen klar. Im Übrigen hat die Enquetekommission zur Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen ganz deutlich gemacht, wie wichtig es ist, dass die flächendeckende medizinische Versorgung im ländlichen Raum auch zukünftig gewährleistet bleibt.
WOCHENBLATT: Wie sehen Sie, Herr Rempe, die Zukunftsentwicklung der Krankenhäuser vor dem Hintergrund der unmittelbaren Nachbarschaft zu Hamburg: Sollen die Krankenhäuser in erster Linie Grundversorger sein oder auch Häuser, in denen Spezialisten tätig sind?
Rempe: Die Krankenhäuser im Landkreis Harburg, und dazu gehören neben den Krankenhäusern Buchholz und Winsen auch die Waldklinik Jesteburg und der Ginsterhof, waren nie Grundversorger. Unsere Krankenhäuser sind hoch spezialisiert. Die Krankenhäuser Buchholz und Winsen sind akademische Lehrkrankenhäuser der Universität Hamburg. Wegen der meisten Erkrankungen braucht man also nicht mehr nach Hamburg zu fahren.
WOCHENBLATT: Vielen Dank für das Gespräch.

Redakteur:

Tamara Westphal aus Buchholz

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