Museen Stade forschen an Nachlass Karl Brauns
Kolonialzeit-Sammlung wird jetzt aufgearbeitet

Kulturwissenschaftlerin Lea Steinkampf ist mit der Erforschung  der Sammlung Karls Brauns beschäftigt | Foto: pm
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Es begann mit einem Zufallsfund: Museumsdirektor Dr. Sebastian Möllers entdeckte während Sanierungsarbeiten einen, zumindest aus Sicht der Forschung, regelrechten Schatz auf dem Dachboden des Museums Schwedenspeicher: Zwei Kisten und ein Koffer mit 600 ethnografischen Objekten aus Tansania, die sogenannte "Kolonialsammlung Braun", die dem Botaniker Karl Braun (1870-1935) der während der deutschen Kolonialzeit im heutigen Tansania (damals Deutsch-Ostafrika) von 1904 bis 1920 eine Forschungsstation leitete, zuzuordnen ist. Seine Sammlung vermachte er kurz vor seinem Tod der Stadt Stade. Nach seiner Zeit in Afrika leitete er bis zu seiner Rente das Forschungszentrum für Obstbaumkrankheiten der Biologischen Reichsanstalt für Land- und Forstwirtschaft in der Hansestadt.

Die heutige Amani Hill Station des National Institute for Medical Research | Foto:  Museen Stade
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Zur Erforschung von Brauns ethnografischer Sammlung und zahlreicher Fotografien und Dokumente Brauns, die aus verschiedenen Archiven stammen, wurde im Mai 2022 eine eigene Projektstelle geschaffen, die mit Kulturwissenschaftlerin Lea Steinkampf besetzt wurde. Gefördert wird das Vorhaben vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste, das seit 2019 einen besonderen Förderschwerpunkt zu Sammlungen aus kolonialen Zeiten hat.
Das Besondere an der Sammlung Karl Brauns: Es gibt nicht nur viele Objekte, sondern auch eine unglaublich große Fülle an dokumentarischem Material. Seine Tagebücher, die er täglich minutiös führte, sind nicht nur akribisch durchnummeriert, sie bieten auch Querverweise zu unzähligen Zeichnungen, Fotografien und Arbeitsdokumenten. Lea Steinkampf und Sebastian Möllers haben alle Hände voll damit, die Menge an Informationen zu dokumentieren, zu erforschen und einzuordnen. "Gerade bei der Erforschung kolonialer Geschichte ist es wichtig, mit den Wissenschaftlern vor Ort zusammenzuarbeiten", betont Lea Steinkampf, die im Rahmen des Projekts bereits zwei mal in Tansania war. Durch die detaillierte Erwerbsbeschreibung und die Beschriftungen der Fotografien, auf denen auch tansanische Personen zu sehen sind, die für das Amani Institut arbeiteten, wollen die Forscher auch herausfinden, um wen es sich handelt. Einige Personen tauchen immer wieder auch namentlich benannt auf. Lea Steinkampf hofft, dass womöglich Nachfahren dieser Personen noch heute auszumachen seien.

Auswahl von Objekten aus der Sammlung von Karl Braun 
 | Foto: Museen Stade
  • Auswahl von Objekten aus der Sammlung von Karl Braun
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Auch wenn Braun die gesammelten Objekte meist käuflich erwarb, so sei der Erwerb immer im historischen Unrechtskontext zu betrachten, erklärt die 31-Jährige. Die Objekte und die Informationen, die der Botaniker festhielt, sei kulturelle Aneignung gewesen. Bei den zu betrachtenden Objekten handelt es sich um Haushaltsgegenstände, Körbe, Schalen, Löffel, Keramikpfeifen, Materialproben sowie einige wenige Waffen und Instrumente. Der Erwerbs- und Verwendungskontext der Objekte solle nun, mittels der Feldforschung ergründet und hinsichtlich ihrer kulturellen Bedeutung bewertet werden. Wichtig sei es, so betont Steinkampf, dass die tansanischen Kollegen den Part der Nachforschung vor Ort übernehmen. Ohnehin habe die Kooperation mit Tansania oberste Priorität für das Projekt. "Anders als hier ist die deutsche Kolonialgeschichte präsent im Bewusstsein der tansanischen Bevölkerung. Es geht um Aufarbeitung", erklärt Lea Steinkampf.

Die Laboratorien des Amani Instituts mit persönlichen Beschriftungen von Karl Braun  | Foto: Stadtarchiv Stade, StadtA STD VI 168
  • Die Laboratorien des Amani Instituts mit persönlichen Beschriftungen von Karl Braun
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Die Frage nach Rückgabe der Objekte stelle sich aktuell noch nicht. "Restitution muss mitgedacht werden, aber es ist ein langer Prozess", so Steinkampf. Im Vordergrund stünde momentan Erforschung und Einordnung - erst danach könne entschieden werden, wie weiter mit der Sammlung Brauns umgegangen würde.
Fest eingeplant ist aber eine Ausstellung für das Jahr 2025 in Stade, bei der auch Künstlerinnen aus Tansania und Deutschland mitwirken sollen. Wichtig sei es den Projektverantwortlichen auch, ihre Arbeit dreisprachig, also in Deutsch, Englisch und Swahili zugänglich zu machen. Ganz im Sinne der Kooperation beider Länder, könne eine Aufarbeitung nur Hand in Hand funktionieren.

Redakteur:

Pauline Meyer aus Neu Wulmstorf

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