Deutschland und der Ukraine-Krieg
Diskussion um die Wehrpflicht - Stimmen Sie mit ab!

In Deutschland wird derzeit diskutiert, ob wieder Wehrpflichtige in der Bundeswehr dienen sollen | Foto: Adobe Stock / Andreas Koch
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(jd). Wehrpflicht - ja oder nein? Das WOCHENBLATT möchte von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wissen: Wie stehen Sie zu einer möglichen Wiedereinführung der Wehrpflicht? Machen Sie hier mit bei unserer Online-Abstimmung:

Soll es in Deutschland wieder eine Wehrpflicht geben?

Der russische Angriff auf die Ukraine hat die Debatte um ein altes Thema neu entfacht: Soll es in Deutschland wieder eine allgemeine Wehrpflicht geben? Diese war 2011 ausgesetzt worden. Damals deutete alles darauf hin, dass die Ära kriegerischer Konflikte in Europa zu Ende ist. Nun hat Kreml-Machthaber Wladimir Putin Deutschland brutal in die sicherheitspolitische Realität zurückgeholt – und damit die Diskussion wiederaufleben lassen, ob unser Land eine Wehrpflichtigen-Armee benötigt.

In Niedersachsen ist es die Union, die das Thema aufgeworfen hat. "Die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist ein entscheidendes Signal zur Sicherstellung einer wirksamen militärischen Abschreckungs- und Bündnisfähigkeit durch Deutschland", erklärte der CDU-Landesvorsitzende Bernd Althusmann. In einem Positionspapier seiner Landes-Partei heißt es: Um die Bundeswehr zukunftsfähig zu machen, müsse eine „allgemeine Dienstpflicht mit der Möglichkeit einer Wehrpflicht“ wieder eingeführt werden.

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Althusmann verwendet dabei auch den Begriff Dienstpflicht: Eine solche Dienstpflicht würde sich nicht nur auf den Dienst an der Waffe beziehen, sondern wie früher beim sogenannten Zivildienst auch Tätigkeiten im sozialen Bereich umfassen. Denn es ist im Grundgesetz verankert, dass man den Wehrdienst aus Gewissensgründen verweigern kann. Und auch für Frauen müsste die Wehr- bzw. Dienstpflicht gelten. Schließlich gibt es anders als früher mittlerweile Soldatinnen bei der Bundeswehr.

Gegenwind gegen die Wehrpflicht-Pläne kommt von der Regierungskoalition in Berlin. Die SPD-Spitzen erteilten dem Ansinnen der CDU eine Absage. Eine Reaktivierung der Wehrpflicht leiste keinen Beitrag zum Abbau aktueller Bedrohungen. Und die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Sara Nanni, erklärte, sie finde es nicht gut, wenn zumeist ältere Menschen verlangen, dass die junge Generation sozusagen ein „Ehrenjahr“ ableisten solle. Auch in der FDP hält man die Debatte um die Wehrpflicht für unnötig.

Gegen eine überhastete Wiedereinführung der Wehrpflicht hat sich der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, ausgesprochen. Die Bundeswehr benötige vor allem hochspezialisiertes Personal und keine Wehrdienstleistenden, so der Vier-Sterne-General. Sollte man die Bundeswehr wieder zu einer Streitmacht umstrukturieren, die auf der Basis einer Mobilmachung agiere, müsse zuvor eine gesamtgesellschaftliche Debatte darüber geführt werden.

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PRO und KONTRA: Soll es wieder eine Wehrpflicht geben? 

Das WOCHENBLATT bringt sich auch in diese Debatte ein: Bundestagsabgeordnete aus der Region geben Statements zum Thema Wehrpflicht ab (siehe unten). Außerdem äußern die Redaktionsleiter Tom Kreib und Jörg Dammann im Rahmen eines „Pro und Kontra“ ihre persönliche Meinung zur Frage: Soll es wieder eine Wehrpflicht geben?

PRO - Für eine Wehrpflicht spricht sich Jörg Dammann aus:
"Wer meint, jetzt sei der falsche Zeitpunkt für eine Debatte um die Wehrpflicht, liegt falsch. Der russische Angriff auf die Ukraine führt uns vor Augen, wie bedroht unsere europäischen Demokratien sind. Putins Panzer haben den Traum vom gemeinsamen Haus Europa platzen lassen.

Die bestehenden Bundeswehreinheiten endlich mit erstklassiger und moderner Ausrüstung auszustatten, ist die eine Seite der Medaille. Die andere besteht in der Fähigkeit, die Streitkräfte im Ernst- und Krisenfall zügig auf eine Stärke zu bringen, mit der die Bundeswehr auch tatsächlich ihren Auftrag – nämlich die Bündnis- und Landesverteidigung - erfüllen kann. Das wird nur mit einer allgemeinen Wehrpflicht funktionieren.

Die aktuell 184.000 Bundeswehr-Soldaten werden kaum ausreichen, damit Deutschland künftig einen angemessenen Beitrag zur sicherheitspolitischen Stabilität in Europa leisten kann. In den Zeiten des Kalten Kriegs verfügten die Streitkräfte der Bundesrepublik über fast eine halbe Million Soldaten. Bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion wurden jährlich rund 200.000 Wehrpflichtige einberufen. Allein diese Vergleiche zeigen, wie schlecht es derzeit personell um die Bundeswehr bestellt ist."

KONTRA - Gegen eine Wehrpflicht ist Tom Kreib:
"Die Debatte war erwartbar: Braucht Deutschland eine Dienst- bzw. Wehrpflicht? Die Entscheidung, die Bundeswehr mit Milliardenbeträgen einsatzfähiger zu machen und den jährlichen Verteidigungsetat auf mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes anzuheben, ist richtig. Eine neue Wehrpflicht brauchen wir nicht - auch nicht im Angesicht des Kriegs in der Ukraine und den Folgen einer weit weniger friedlichen Welt.

Vor gut einer Woche, Putins Krieg gegen die Ukraine hatte da schon begonnen, ging die Meldung durch die Presse: Den in Litauen stationierten Soldaten an der NATO-Ostflanke fehlen warme Jacken und warme Unterwäsche. Es gibt also Probleme, die dringlicher sind als eine theoretische Debatte über eine Wehrpflicht. In den vergangenen Jahren traten immer neue Probleme mit Technik und Ausrüstung auf: Probleme mit neuen Sturmgewehren, defekte Helikopter - laut Verteidigungsministerium sollen aktuell 77 Prozent der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr einsatzbereit sein. Wer Putin und andere Diktatoren abschrecken will, sollte besser auf 100 Prozent kommen.

Es gibt viel zu tun, bevor über eine Dienst- und Wehrpflicht diskutiert werden sollte."

Das sagen unsere Bundestagsabgeordneten zum Thema Wehrpflicht

Über eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht oder einer allgemeinen Dienstpflicht (Stichwort "Gesellschaftsjahr") muss der Bundestag entscheiden. Das WOCHENBLATT hat daher die Bundestagsabgeordneten aus der Region nach ihrer Meinung gefragt.

Dies sind ihre Einschätzungen:

Oliver Grundmann (CDU):
"Angesichts der furchtbaren Ereignisse in der Ukraine ist es grundsätzlich richtig, dass wir diese Debatte führen. Es wäre aber gleichzeitig auch eine riesige logistische Herausforderung. Nach der Abschaffung der Wehrpflicht hat die Bundeswehr die Kasernen komplett umstrukturiert. Die Frage ist deshalb, wie und wo wir am schnellsten und effizientesten die Leistungsfähigkeit der Bundeswehr erhöhen können. Dazu müssen jetzt alle Optionen ergebnisoffen auf den Tisch.
Die Frage, die wir uns gegebenenfalls stellen müssten: Bleiben wir beim Wehrdienst alleine oder gehen wir über zu einem allgemeinen Dienst für alle Blaulichtorganisationen und sozialen Einrichtungen. Ich finde, diese Debatte können wir durchaus führen, aber sie muss offen gehalten werden."

Stefan Wenzel (Grüne):
"Die Bundesregierung hat mit ihren Vorschlägen zur Stärkung der Abwehrbereitschaft eine entschlossene Antwort auf Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine gegeben. Im Vordergrund steht jetzt das solidarische Handeln Europas. Für weitere Erörterungen muss es eine Analyse notwendiger Fähigkeiten im europäischen Kontext und über die Effizienz der Beschaffung geben. Alle weiteren Maßnahmen bedürfen einer gründlichen Prüfung."

Daniel Schneider (SPD):
"Angesichts der Bedrohung in der Ukraine jetzt über eine Reaktivierung der Wehrpflicht zu sprechen, halte ich für falsch. Diese würde keinen Beitrag zum Abbau der aktuellen Bedrohungen in der Ukraine leisten. Die Bundeswehr braucht gut ausgebildetes, spezialisiertes Personal. Dafür muss sich die Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber verbessern. Auch ist der Moment gekommen, in dem sich die Wertschätzung unserer Parlamentsarmee innerhalb der Gesellschaft verändern muss. Grundsätzlich finde ich es großartig, wenn junge Menschen sich nach ihrem Schulabschluss engagieren und zum Beispiel im Rahmen eines Freiwilligendienstes orientieren. Ich befürworte die Idee, dieses Engagement im Sinne eines Gesellschaftsjahres für junge Menschen auszuweiten. Zu gegebener Zeit können wir darüber sprechen, wie dieses Engagement auf eine breitere Basis gestellt werden kann."

Michael Grosse-Brömer (CDU):
"Die Ampelregierung muss jetzt erst einmal konkretisieren, welchen Auftrag sie künftig an die Bundeswehr stellen will, wie diese gesellschaftlich stärker verankert und wie sie konkret umstrukturiert werden soll. Bundestagsreden allein reichen dafür nicht. Ich finde es allerdings richtig, dass der Bundeskanzler von der ursprünglichen rot/grünen Politik abgerückt ist und der Verteidigungsfähigkeit endlich mehr Bedeutung beimisst.
Wie die Wehrpflicht ausgestaltet werden soll, steht noch gar nicht fest, denn es ist ja mittlerweile eine allgemeine Dienstpflicht in der Diskussion. Auch hier ist die Ampelregierung gefordert, die noch offenen rechtlichen Fragen zu klären."

Svenja Stadler (SPD):
"Die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht halte ich für keine gute Idee. Dass sie in der aktuellen Situation thematisiert wird, ist naheliegend, hilft aber nicht weiter. Die Probleme der Bundeswehr sind nicht mit der Wehrpflicht zu lösen, schon gar nicht von heute auf morgen. Dass aber in diesem Zusammenhang unter den Parlamentariern nun über eine allgemeine Dienstpflicht diskutiert wird, kann ich schon eher nachvollziehen. Auch wenn es dazu natürlich noch viel abzuwägen und abzuklären gäbe und man sehr gut schauen muss, wie man diese sinnvoll und gerecht ausgestalten könnte."

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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